Ein eigenfinanziertes Modell soll Bauarbeiter auch dazu motivieren, länger im Job zu bleiben.
Wien. In (Vor-)Wahlkampfzeiten gilt für Koalitionsparteien offenbar der Grundsatz „Good news are bad news“. Dann schweigt man sich über einen Erfolg lieber aus, wenn man befürchtet, der Regierungspartner – und Wahlkampfgegner – könnte mehr davon profitieren. Laut Insidern soll vor allem das der Grund gewesen sein, warum über die neue Überbrückungsgeldregelung für Bauarbeiter, die im Juli den Nationalrat passierte, bisher so wenig publik wurde. Dem Vernehmen nach wollte vor allem die ÖVP das aus dem Wahlkampf heraushalten.
Auf „Presse“-Anfrage zeigten sich Vertreter der Sozialpartner dann aber doch gesprächig. Was sie ausgehandelt haben, ist ja auch bemerkenswert. Das Modell soll älteren Bauarbeitern mit Gesundheitsproblemen Langzeitarbeitslosigkeit und Dauerkrankenstände oder die Invaliditätspension ersparen. „Und wir fallen damit niemandem zur Last, wir zahlen uns das selbst“, sagt Bau-Innungsmeister Hans-Werner Frömmel. Konkret zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Im Schnitt scheiden Bauarbeiter derzeit mit knapp 57 Jahren aus dem Arbeitsleben aus. Also rund drei Jahre, bevor sie die Schwerarbeitspension in Anspruch nehmen könnten. Künftig werden sie einen starken Anreiz haben, bis mindestens 58 (in der Anfangsphase 59) Jahre durchzuhalten. Denn ab 2015 winkt ihnen ab diesem Alter, wenn sie den Job gesundheitlich nicht mehr schaffen, unter bestimmten Voraussetzungen ein Überbrückungsgeld in Höhe des Kollektivvertragslohns. Die Betroffenen sind dann bis zur Pension fiktiv Beschäftigte der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse). Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer werden weiterbezahlt. Es fließt also weiter Geld in die Staatskasse, die Arbeiter erreichen mehr Pensionsanspruch.
Lohnverzicht der Arbeitnehmer
Vorfinanziert wird das Modell ab 2014 durch Arbeitgeberbeiträge an die BUAK, in Summe rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Die Arbeitnehmer machen dafür Abstriche bei Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie bei den Überstundenzuschlägen. Die Arbeitgeber sollten so einen Großteil ihrer Beiträge zurückbekommen, nur etwa zehn Prozent sollen an ihnen hängen bleiben. Die Pensionsversicherung schießt maximal 13 Millionen Euro pro Jahr zu, das entspricht etwa den anfallenden Kündigungsabgaben. Diese führt künftig ebenfalls die BUAK und nicht mehr der einzelne Arbeitgeber ab. Ab 2017 soll es zudem einen Bonus für jene geben, die ohne das Modell auskommen. Wer weiterarbeitet, erhält dann monatlich 700 Euro brutto, der Arbeitgeber 400 Euro als Beitrag zu den Lohnnebenkosten.
Das soll ein zusätzlicher Anreiz sein, länger zu arbeiten – wenn es auch, wie Bau-Gewerkschaftschef Josef Muchitsch sagt, „keinen Bauarbeiter gibt, der pumperlg'sund in Pension geht“. Die Baubranche sei die erste, die wirklich etwas tut, um das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, meint er. Frömmel relativiert: „Wir fühlen uns nicht als Musterschüler. Andere Branchen haben andere Voraussetzungen, vor allem keine BUAK, über die man so etwas abwickeln kann.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2013)