Gelungen: Verkehrsprojekte, die funktionieren

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Verkehrspolitische Maßnahmen sind meist heftig umstritten. Und doch gibt es in Wien Projekte, die im Großen und Ganzen als Erfolg betrachtet werden können.

Wien/G.B./EKO. Die Verkehrspolitik ist nicht nur in Wien besonders umstritten – jede Maßnahme ist für die Verkehrsteilnehmer spürbar. Und irgendeine Seite, seien es Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer oder Lenker im öffentlichen Verkehr, hat immer ein Problem. Die Debatten um die Umgestaltung der Mariahilfer Straße (s. auch Seite 17) und der Pfusch bei der Ausweitung der Parkpickerlzonen zeigen, dass einiges schiefläuft. Doch es gibt auch einige positive Beispiele. Eine Auswahl der „Presse“-Redaktion.

Verbilligte Jahreskarte: Die Einführung der Jahreskarte der Wiener Linien um 365 Euro, also einen Euro pro Tag, hat zahlreiche Wiener dazu bewogen, eine solche zu erwerben – und damit nicht notwendige Fahrten mit dem Auto zu unterlassen. Die Zahl der Jahreskartenbesitzer stieg seit Einführung des Preises 2012 von 380.000 auf 500.000. Auch wenn diese erste positive Aktion der Grünen als Koalitionspartner in der Wiener Regierung allgemein gut angekommen ist, gab es doch auch Kritik. So fehle den Wiener Linien wichtiges Geld für Investitionen, hieß es. Die Züge sind seither noch stärker überlastet und viele geraten an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Schließlich nützt es auch den Pendlern nur wenig, da es keine günstigen Kombinationsmöglichkeiten mit Park-and-Ride-Anlagen bzw. mit Zubringerzügen aus dem Umland gibt.

Autofreier Vorplatz vor Wien Mitte: Es sind selten die großen Projekte, sondern oft kleinräumige Bereiche, in denen es funktioniert. Beispiel Wien Mitte. Konkret der Platz vor dem neu errichteten Bahnhof Wien Mitte. Dort dürfen keine Autos fahren, aber der Bus fährt durch – ohne Probleme. Quasi so etwas wie eine funktionierende Begegnungszone. Vielleicht auch deshalb, weil der Bereich sehr klein und überschaubar ist.

Gaußplatz: Er war der Schrecken der Wiener Fahrschüler: Auf dem Gaußplatz in Wien-Brigittenau kamen fünf Straßen auf einer Kreuzung zusammen, zusätzlich hatte auch noch die Straßenbahn eine eigene Spur. Ganz geheuer ist der Platz vielen Führerscheinneulingen nach wie vor nicht, doch seit hier ein Kreisverkehr errichtet wurde, ist er doch deutlich übersichtlicher geworden.

Straßenbahnlinie 26: Die Donaustadt (22.) und Floridsdorf (21.) sind flächenmäßig Wiens größte Bezirke. Mit U2, U1 und U6 sind sie öffentlich gut angeschlossen. Allerdings nur radial. Die tangentialen Verbindungen lassen zu wünschen übrig. Ab 5. Oktober soll dies anders sein. Da geht die verlängerte Straßenbahnlinie 26 als leistungsfähige, rasche Straßenbahntangente in Betrieb. Sie wird weiter von Strebersdorf bis zum Kagraner Platz (U1) verkehren – und von dort zur U2-Hausfeldgasse. Die 4,5 Kilometer lange Neubaustrecke ist aber mit mindestens 68 Millionen Euro Kosten nicht billig. Grund: Die Trasse wird teilweise in Hochbauweise geführt.



Busse raus aus der City: Über Jahre wurden die inneren Bezirke Wiens an Adventsamstagen von Touristenbussen überschwemmt: Bis zu 800 Busse pro Tag sorgten für Verkehrschaos. Polizei, Magistrat und Wiener Wirtschaftskammer setzten sich zusammen und erarbeiteten ein Buskonzept, das Zufahrtskarten für die Busse (per Internet) vorsieht; nach dem Abladen der Besucher sind Busparkplätze im 2. und 22. Bezirk für die Wartezeit reserviert. Ein erfolgreiches Konzept, das die Busse draußen hält und von der Wirtschaft unterstützt wird. Rund 300 Busse sind es derzeit je Adventsamstag.
Ein weiteres Buskonzept wurde Donnerstagabend quer über die Parteigrenzen im ersten Bezirk beschlossen. Es sieht eine deutliche Regulierung der Touristenbusse in der Innenstadt vor. So wird etwa der Stephansplatz in Zukunft nicht mehr für die Befahrung mit Hop-on-Hop-off- und sonstigen Reisebussen zur Verfügung stehen. Busse der Wiener Linien und Busse mit konkreten Zielorten sollen weiterhin zufahren können.

Tangenten-Entlastung S1: Die Süd-Ost-Tangente (A23) ist die meistbefahrene Stadtautobahn Europas – mit entsprechenden Staus. Doch seit 2006 ist es besser geworden. Durch die neue Außenringschnellstraße S1, die Querverbindung von Vösendorf nach Schwechat, kann Wien umfahren und die Tangente entlastet werden. Während viele Autofahrer über eine Entlastung der Tangente jubelten, gab es auch Kritik: Die neue Verbindung würde nur neuen Verkehr anziehen. Außerdem würden jetzt mehr Menschen die – entlastete – Tangente nutzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2013)

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