UNO: Obama reicht dem Iran einen Ölzweig

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Obama(c) EPA (ANDREW GOMBERT)
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Amerikas Präsident lädt die Führung in Teheran zu neuen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm ein. Zu einem persönlichen Treffen von Obama und Rohani kommt es allerdings vorerst nicht.

WASHINGTON. Die USA starten einen neuen Versuch, den Iran vom Bau einer Atombombe abzubringen. So bald wie möglich sollen direkte Verhandlungen zwischen den beiden Staaten unter Teilnahme der EU, Britanniens, Deutschlands, Frankreichs, Russlands und Chinas beginnen, sagte Präsident Barack Obama am Dienstag in New York während der Generaldebatte der Vereinten Nationen.

„Die Hürden mögen zu hoch sein, doch ich bin fest davon überzeugt, dass der diplomatische Weg eingeschlagen werden muss“, sagte Obama. „Denn der gegenwärtige Zustand wird Irans Isolation nur noch weiter vertiefen, während die echte Bereitschaft, einen anderen Weg zu gehen, gut für die Region und die Welt sein und dem iranischen Volk dabei helfen wird, sein außergewöhnliches Potenzial zu entfalten – in Handel und Kultur, in Wissenschaft und Bildung.“

Treffen "zu kompliziert"

Das Angebot Obamas an den neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani, sich am Rande der UN-Konferenz persönlich zu treffen, blieb allerdings erfolglos. Die iranische UN-Delegation ließ verlauten, so ein Treffen wäre derzeit „zu kompliziert". Weder war Rohani während Obamas Rede im Saal noch Obama später bei jener von Rohani.

In seiner Ansprache gab sich Rohani konziliant. Sollte Amerika das zivile Kernkraftprogramm des Iran außer Streit stellen und die Wirtschaftssanktionen beenden, ließe sich ein Rahmen zur Lösung des Streits finden.

Äußerlich betrachtet sollte produktiven Verhandlungen, die am Donnerstag auf Außenministerebene beginnen sollen, nichts im Weg stehen. Obama hatte iin seiner Rede wie alle seine Vorgänger im Weißen Haus klar gemacht, was das einzige, für Amerika annehmbare Ergebnis dieser Gespräche sein solle: „Wir sollten in der Lage sein, einen Entschluss zu finden, der die Rechte des iranischen Volks respektiert, während er dem Rest der Welt das Vertrauen verleiht, dass das iranische Programm friedlich ist.“ Die versöhnlichen Worte Rohanis „müssen von Taten begleitet werden, die transparent und verifizierbar sind“, mahnte US-Präsident Obama. „Denn schließlich waren es die Entscheidungen der iranischen Regierung, die zu den umfassenden Sanktionen geführt haben, die gegenwärtig in Kraft sind.“

Die nukleare Domino-Theorie

Obama will also nur dann mit dem Iran verhandeln, wenn Teheran von Anfang an jeglicher künftiger Entwicklung einer Atombombe abschwört. Der Präsident begründete dies in der Rede damit, dass dies zu einem „nuklearen Wettrüsten“ im Nahen Osten führen würde.

Diese Denkweise fußt auf einer Art von Dominoeffekt: Sobald der schiitische iranische Gottesstaat die Atombombe hat, wird sein erbitterter Erzfeind, das sunnitische Saudiarabien, nachziehen. Dann würde auch das ebenfalls sunnitische Ägypten, sobald es sein innerstaatliches Chaos halbwegs eingedämmt hat, ein Atomwaffenprogramm starten. Kleinere, aber reiche sunnitische Autokratien wie Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate würden diese saudische Aufrüstung unterstützen, um unter den nuklearen Schutzschirm rücken zu können. Und über alledem schwebt die Frage, was ein zusehends isoliertes Israel mit seinen Atomwaffen – dem am schlechtesten gehüteten Geheimnis des Nahen Ostens – zu tun gedenkt.

Obama: Kein Regimewechsel angestrebt

Im Westen wird allerdings fast durchwegs übersehen, dass Irans Atomprogramm eine direkte Antwort auf die unverhohlenen Drohungen eines gewaltsamen Regimewechsels ist, die seit der Islamischen Revolution vor 34 Jahren und der Gründung des Gottesstaates immer wieder aus Washington ertönen. Man erinnere sich nur des republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, der während des Wahlkampfes 2008 auf einer Bühne zur Melodie des Liedes „Barbara Ann“ von den Beach Boys „Bomb, bomb, bomb, bomb, bomb Iran“ sang.

Obama versuchte in seiner New Yorker Rede, den Iranern diesen Vorwand für ein Scheitern der Gespräche zu nehmen: „Wir streben keinen Regimewechsel an, und wir respektieren das Recht des iranischen Volkes, Kernenergie friedlich zu nutzen. Wir bestehen aber darauf, dass die iranische Regierung ihre Verantwortung aus dem Vertrag über die nukleare Nichtverbreitung und den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates wahrnimmt.“

Das ist nach Ansicht des iranischen Regimegegners Akbar Ganji, der von 2000 bis 2006 von den Mullahs inhaftiert worden ist, der richtige Ansatz für erfolgreiche Verhandlungen. Teheran „muss wissen, dass Washington die Islamische Republik nicht stürzen will, und die USA müssen wissen, dass das iranische Atomprogramm friedlich ist“, schreibt Ganji im Magazin „Foreign Affairs“.

ZUR SACHE

UN-Generalversammlung. Am Dienstag begann in New York die UN-Vollversammlung, die bis Anfang nächster Woche dauert. Unter den Rednern zum Auftakt: US-Präsident Barack Obama, Österreichs Staatschef Heinz Fischer und Irans neuer Präsident Hassan Rohani bei seinem internationalen Debüt. Die Tagung steht im Zeichen der Syrien-Krise und des Atomstreits mit dem Iran. Obama strebt eine Verhandlungslösung mit Teheran an, er handelte sich von Brasiliens Präsidentin Rousseff indes Kritik in der NSA-Affäre ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2013)

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