SPD-Landesverbände wollen eine Große Koalition nur nach Mitgliederbefragung zulassen. Die Grüne Göring-Eckardt hält Schwarz-Grün für „unglaubwürdig und instabil“. Was auch kommt: Für den Bürger wird es teuer.
Berlin. Hannelore Kraft sorgt für eine Kraftprobe in der SPD. Die mächtige Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen hat ihren Landesverband vorgeschickt, weitere Länder fordern es auch: eine Mitgliederbefragung. Nur wenn die rote Basis zustimmt, darf es eine Große Koalition mit Merkels Union geben. Das zeugt vom tiefen Unwillen vieler Sozialdemokraten, als staatstragende Mehrheitsbeschaffer in die Dienste der Kanzlerin zu treten. Im Mai sind bundesweit Kommunalwahlen, dann könnten enttäuschte Wähler abspringen.
Beim Parteikonvent am Freitag soll über die Befragung entschieden werden. Nach Medienberichten will die SPD ein Ja zur Zwangsehe aus Staatsräson bis zu ihrem Parteitag in Leipzig Mitte November hinausschieben.
Auch von den Grünen schallt der Union Ablehnung entgegen. Nach den Rücktritten von Trittin, Künast und Roth bleiben nur zwei Spitzengrüne übrig. Beide richten sich auf Opposition ein. Schwarz-Grün sei „unglaubwürdig“ und „nicht hilfreich, wenn es um die Stabilität einer Regierung geht“, sagt Ko-Spitzenkandidatin Karin Göring-Eckardt, die sich nun für den Fraktionsvorsitz bewerben will. Für Cem Özdemir vom Realoflügel, der wieder als Ko-Parteichef antritt, müsste die Union den Grünen „viel, viel größere“ Konzessionen machen als der SPD.
Höhere Steuern
Für die Bürger heißt das: Welche Koalition auch herauskommt, es wird teuer. SPD und Grüne haben Steuererhöhungen zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), bisher strikt gegen Mehrbelastungen, hat bereits Kompromissbereitschaft signalisiert.
Gute Chancen haben ein höherer Spitzensteuersatz und eine höhere Kapitalertragssteuer. Größere Widerstände der Unions-Basis gäbe es wohl gegen eine Vermögensabgabe und das Abschaffen des Ehegattensplittings. Mehr Einnahmen werden gebraucht, wenn Kompromisse in anderen Politikfeldern auf den größten gemeinsamen Nenner hinauslaufen. Etwa in der Familienpolitik: Die Union könnte ihr heftig kritisiertes Betreuungsgeld beibehalten, dafür flössen noch mehr Mittel in den Ausbau der Kinderbetreuung. Ohne FDP gibt es keine parlamentarische Stimme mehr, die Mehrbelastungen und höhere Staatsausgaben kritisieren würde.
Dabei haben die Deutschen gegen Steuererhöhungen gestimmt: Der Anteil der linken Parteien ist von 48,5 Prozent im Jahr 2009 auf nun 46,8 Prozent gesunken (inklusive Piraten). Da aber FDP und die Alternative für Deutschland die Fünf-Prozent-Hürde knapp verfehlt haben, halten die linken Parteien eine hauchdünne Mehrheit an Mandaten.
„Linke“-Chefin Katja Kipping wirbt dafür, die Gunst der Stunde zu nutzen: Wenn SPD und Grüne schon nicht zu Rot-Rot-Grün zu überreden sind, sollten sie wenigstens rasch zu dritt einen gesetzlichen Mindestlohn durch das Parlament bringen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2013)