Deutschland: Schwarz-Grüne Gedankenspiele

Leading Green Party members Goering-Eckardt, Trittin and Kuenast listen to unidentified party fellow before a party leaders meeting in Berlin
Leading Green Party members Goering-Eckardt, Trittin and Kuenast listen to unidentified party fellow before a party leaders meeting in BerlinREUTERS
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Bei den Grünen und bei der Union mehren sich Stimmen, die Sympathien für eine Koalition erkennen lassen. CDU-Umweltminister Peter Altmeier nahm sogar das Wort Koalitionsgespräche in den Mund.

Was fünf, sechs Tage für einen Unterschied machen können: Noch am Abend in der Bundestagswahl hatten die Grünen nicht den Eindruck erweckt, als gäbe es eine große Dynamik Richtung einer Koalition mit der Union. Spitzenkandidat Jürgen Trittin, der der Parteilinken zugerechnet wird, hat ein solches Bündnis zwar nicht kategorisch ausgeschlossen - was genügte, um bei der Basis schon für Unruhe zu sorgen - doch das war es auch schon.

Doch es kam, wie es zu erwarten war: Von Tag zu Tag melden sich nun immer mehr Grüne zu Wort, die einer Schwarz-Grünen Koalition auf Bundesebene durchaus etwas abgewinnen können (auf Landesebene gab es das bisher nur in Hamburg, und es war kein Erfolgsmodell). Am deutlichsten war die Einlassung des Stuttgarter Oberbürgermeisters Fritz Kuhn: "Es gibt offenbar den Wunsch der Bevölkerung, Ökologie und Wirtschaft zusammenzuführen. Es ist unsere Pflicht zu schauen, ob ein schwarz-grünes Bündnis das könnte", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Özdemir: "Bin weiterhin sehr skeptisch"

Parteichef Cem Özdemir, der nach den Verlusten bei der Bundestagswahl - die Partei war von 10,7 auf 8,4 Prozent gefallen - sein Amt zwar zur Verfügung stellte, aber wieder kandidieren will, spricht immerhin schon davon, im Falle von Sondierungen eine breitere Delegation aufzustellen. Man macht sich also bei den Grünen schon ernsthafte Gedanken. Gleichzeitig meinte Özedemir allerdings, er sei "weiterhin sehr skeptisch", ob die Hindernisse für ein Bündnis mit der Union überwunden werden könnten." Anders gelesen: Man will es immerhin probieren, diese Hindernisse zu überwinden.

Parallel dazu kann man sich offenbar auch in der Union immer stärker mit einem Schwarz-Grünen Bündnis anfreunden, es gibt zahlreiche Wortmeldungen in diese Richtung. "Schwarz-Grün ist eine attraktive Alternative", sagte der 83-jährige Ex-Generalsekretär Heiner Geißler im "Handelsblatt". Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble ließ gewisse Sympathien zumindest erahnen.

Blufft CDU oder ist sie bereit für Schwarz-Grün?

Am Freitag erhielt die Debatte dann eine neue Qualität: Umweltminister Peter Altmeier von der CDU sprach plötzlich nicht mehr von Sondierungen, sondern bereits von der nächsten Stufe, von Koalitionsverhandlungen: "Klimaschutz muss prominent in neuen Koalitionsvertrag" zitierte der Grüne Trittin auf Twitter Umweltminister Altmeier und fügte sarkastisch an: "Und wie war das in den letzten vier Jahren?" Altmeier antwortete prompt: "War gar nicht so schlecht, kann aber noch besser werden: Lassen Sie uns darüber in den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen reden."

Ob die CDU nur blufft um die SPD, mit der sie ja zunächst sondieren will, gefügig zu machen, oder ob die Union tatsächlich bereit ist, die seit Jahren durch die Medienlandschaft gausternden Schwarz-Grün-Spekulationen in die Tat umzusetzen, werden die nächsten Wochen zeigen.

(APA/DPA/hd)

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