"Die Wirtschaft kocht auch nur mit Wasser"

Barbara Sommerer über die Herausforderung, im Spannungsfeld von Kunst und Kommerz erfolgreich zu agieren.

Die Presse: Sie sprechen beim Kulturmanagement-Forum im Oktober – zu welchem Thema?

Barbara Sommerer: Beim Symposium spreche ich über die Erfahrungen bei unserer Entwicklung vom Künstlerkollektiv zu einem Kunstverein und weiter zu einem Unternehmen. Der gemeinsame Weg von Jakob Pock und mir führte über diese Stationen, bis wir 2011 die Projektform AG gründeten. Die Gründung einer Aktiengesellschaft war die logische Weiterentwicklung, die unserem Anspruch an Qualität und Professionalität gerecht wurde. Sehr spannend war ja die Erkenntnis, dass sich das Aktienrecht historisch aus dem Vereinsrecht entwickelt hatte. Dies trug auch dazu bei, dass wir uns, entgegen vielen Warnungen von außen, in dieser vermeintlich aufwendigen Rechtsform schnell zurechtfanden.

Wie sind Sie selbst zum Kulturmanagement gekommen?

Nachdem ich mich immer weiter hinter die Kulissen von Kunst und Kultur begeben hatte, im Rahmen der Realisation und Umsetzung von Kunst- und Kulturprojekten sowie Ausstellungs- und Museumstechnik oder Kunst im öffentlichen Raum, wollte ich mich weiterentwickeln. Zuerst dachte ich an eine Dissertation, machte dann aber den sehr praxisbezogenen Universitätslehrgang für Kultur- und Organisation bei den Kulturkonzepten. Beim Lehrgang entdeckte ich dann, dass ich viele Aspekte des Kulturmanagements schon in meiner Arbeit verwendete, allerdings noch eher unbewusst. Der Kurs war eine schöne Bestätigung, und der Austausch mit anderen Führungskräften eine spannende Erfahrung und diente auch dazu, meine eigene Position besser bestimmen zu können.

Was ist das Schwierige am Kulturmanagement?

Dass langsam die Hüllen fallen und man peu à peu auf nackte Tatsachen blickt, die einem Vorurteile und Ängste nehmen: Dass Buchhaltung und Budgetplanung keine Feinde, sondern praktische Steuerungselemente sind, basisdemokratische Entscheidungsfindungen nicht nur Nerven, sondern auch viel Geld kosten, und Profit oder Gewinn kein „Makel“ sind, sondern notwendige Grundlage, um frei und unabhängig agieren und arbeiten zu können.

Es ist ein wenig wie ein Heisenberg'sches Zweispaltexperiment, einerseits bin ich Künstlerin, andererseits CEO einer Aktiengesellschaft. Einerseits der künstlerische, kreative und inhaltliche Anspruch an Kontextualisierung, Inhalte und Auseinandersetzung, eben die Summe meiner Erfahrung aus 20 Jahren Kulturarbeit. Andererseits der Anspruch, unser Unternehmen nicht nur als erfolgreiches Modell Kulturschaffender zu etablieren, sondern auch als erfolgreiche Aktiengesellschaft in der Wirtschaft zu reüssieren.

Und das Schöne daran?

Neue Welten zu entdecken, einen besseren Überblick zu bekommen und festzustellen, dass Wirtschaft auch nur mit Wasser kocht und die daraus entstehende Suppe manchmal ziemlich dünn ist. (dm)

ZUR PERSON

Barbara Sommerer erfuhr Ihre künstlerische Ausbildung in Wien, Linz und Prag. Sie gründete mit Jakob Pock die Projektform AG in Graz – das erste Unternehmen dieser Art in Österreich, das Kunst als Dienstleistung bietet. Die AG entwickelt und realisiert nach künstlerischen Grundsätzen beispielsweise Firmenmuseen, Rundgänge und andere Kunst- oder Kulturprojekte für Industrieunternehmen und Produktionsbetriebe. Für die Realisation der Projekte wird auf einen großen Pool von kompetenten Teammitgliedern im eigenen Netzwerk zurückgegriffen. www.projektform.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2013)

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