Nationalratswahl: Die Stunde der Stellvertreter

Michael Spindelegger und Werner Faymann
Michael Spindelegger und Werner Faymann(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Bei dieser Wahl treten - mit Ausnahme Frank Stronachs - nur Politiker an, die in ihren Parteien die Ochsentour absolvierten. Oder es versuchten. Und die alle im Schatten anderer standen.

Wien. Stellvertretende Bundessprecherin, stellvertretender Klubchef, stellvertretender Bundesparteichef, Stadtrat und Bürgermeister in spe: Am Sonntag treten mit Ausnahme Frank Stronachs nur Politiker an, die den Marsch durch die Parteiorganisationen hinter sich gebracht haben. Oder es wie Neos-Chef Matthias Strolz in der Aktions-Gemeinschaft beziehungsweise im Wirtschaftsbund der ÖVP versucht haben. Und die lange im Schatten anderer standen.

1 Werner Faymann 

(früher SJ-Chef, Chef der Mietervereinigung, Wohnbaustadtrat)

Er kannte nur ein Ziel: das Amt des Bürgermeisters. Sogar während der Kanzlerschaft wurde der Name Werner Faymann für die Nachfolge Michael Häupls gehandelt. Dieser hatte den viel inserierten Wohnbaustadtrat unter Beobachtung gehabt. Faymann hatte und hat die Machtbasis in Wien: Er war Chef der Mietervereinigung – und hatte damit mehr Einfluss als einst als Wiener SJ-Chef. Viel später wurde er Infrastrukturminister und schnell eingewechselte Reserve als SPÖ-Chef statt Alfred Gusenbauer.

2 Michael Spindelegger

(Ex-ÖVP-Vizeklubchef, ÖAAB-Obmann, 2. Nationalratspräsident)

Der Mann war der Stellvertreter schlechthin: Vizekanzler, zweiter Nationalratspräsident, Vize- ÖAAB-Obmann, stellvertretender ÖVP-Klubchef, davor stellvertretender ÖAAB-Obmann Niederösterreichs. Kaum ein anderer ÖVP-Politiker hatte sich so lange aus den internen Macht- und Grabenkämpfen (Schüssel gegen Pröll sen., Pröll jun. gegen Schüssels Anhänger, Pröll sen. gegen Pröll jun.) herausgehalten. Als Bedrohung hatte ihn keiner der Herren empfunden, erst als Josef Pröll den Gegenwind seines Onkels aus St.Pölten spürte, bemerkte er das Engagement Spindeleggers in eigener Sache. Kurz danach war er Parteichef.

3Heinz-Christian Strache

(ehemaliger Stellvertreter Jörg Haiders als FPÖ-Obmann)

Er bewunderte Jörg Haider und – wer hätte das gedacht – sollte ihn dereinst auch beerben. Wegen Haider war Heinz-Christian Strache in die Politik gegangen, war am rechten Flügel der Partei nach oben geklettert und hatte es bis zum Wiener Landesparteichef gebracht. In Knittelfeld war er noch in unverbrüchlicher Treue an Haiders Seite gestanden. Doch nach der Neuauflage von Schwarz-Blau 2003 kam es schrittweise zur Entfremdung. Strache, der sich zum Anführer des rechten Flügels aufschwang, wurden sogar Putschgelüste nachgesagt. Haider kam dem zuvor, er gründete das BZÖ. Doch wider Erwarten – Haider hatte das wichtigste Personal und die Ressourcen zum BZÖ mitgenommen – sicherte Strache der FPÖ das Überleben. Plötzlich war er wirklich Parteichef, zuerst als Haider-Kopie geschmäht. Das war er rhetorisch und inhaltlich durchaus. Aber auch vom Erfolg her. À la longue setzte sich nämlich die Strache-FPÖ im dritten Lager (wieder) durch. Das BZÖ könnte ab Sonntag sogar Geschichte sein.

4 Josef Bucher

(Nationalratsabgeordneter, unter Haider Kärntner Spitzenkandidat)

Ähnliches gilt für Josef Bucher. Auch er, der vorherige ÖVP-Wirtschaftskämmerer, wurde wegen Jörg Haider zum Freiheitlichen. Dieser machte den herzeigbaren Grasser-Klon zu einem seiner wichtigsten Vertrauten im Nationalrat. Als Haider starb, stand Bucher auf einmal in der ersten Reihe – und behauptete sich dort wider Erwarten.

5 Eva Glawischnig

(ehemalige stellvertretende Bundessprecherin der Grünen)

„Kronzprinzessin“ wurde sie lange genannt. Eva Glawischnig war Alexander Van der Bellens Stellvertreterin. Das junge, weibliche, flotte Pendant zum nachdenklicheren Professor. So war es nicht unlogisch, dass sie ihm nach der Wahl 2008 nachfolgte. Die Grünen sind seither jünger, weiblicher, flotter – und weniger nachdenklich. Vielleicht auch etwas linker. Mit der Zeit hat sich Glawischnig vom grünen Übervater emanzipiert. Wenn sie jetzt noch ein besseres Wahlergebnis als dieser nach Hause bringt, ist sie endgültig sakrosankt an der Parteispitze. Und das will bei den Grünen etwas heißen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2013)

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Kommentare

Aller guten Dinge sind vier

Nein, wir sind nicht verdrossen. Ganz generell nicht und auch von der Politik nicht. Im Gegenteil.

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