Die Neos: Vom „Eulennest“ ins Parlament

Gründung. Selten hat eine neue politische Bewegung in Österreich so schnell Fuß fassen können wie die Neos. Ihre Gründungsgeschichte.

Wien. Fast generalstabsmäßig klingt der Plan, der hinter der Partei Neos stand. Als es im Vorjahr mit der Parteigründung ernst wurde, schickte man sogar einen Studenten als Strohmann aus, der die Partei beim Innenministerium anmeldete. Niemand sollte zunächst erfahren, wer wirklich dahintersteckt. Am 27.Oktober 2012 wurde dann alles publik gemacht und die vom heute 40-jährigen Parteichef Matthias Strolz gegründete Bewegung „Das Neue Österreich“ (kurz Neos) offiziell aus der Taufe gehoben.

Selten hat eine neue politische Bewegung in Österreich so schnell Fuß fassen können. Doch die Wurzeln der Neos liegen noch viel tiefer. Begonnen hat alles im Herbst 2006 im Wiener Café Eulennest. Rund 15 Leute aus dem bürgerlichen Umfeld versammelten sich dort regelmäßig zu einer Runde. Mit dabei: Ein gewisser Matthias Strolz, ein Jungunternehmer, der sich schon als Vorarlberger Landesschulsprecher und als ÖH-Vorsitzender der Uni Innsbruck politisch engagiert hatte. In den Jahren 2000 und 2001 werkte Strolz sogar als parlamentarischer Mitarbeiter und diente dem heutigen ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf. Die Unzufriedenheit mit der ÖVP-Politik war in der Runde im Café aber spürbar. „Nach der dritten Flasche Wein haben wir angefangen, zu politisieren, nach der fünften haben wir gesagt, wir brauchen eine neue Partei“, sagt Strolz heute.

Nüchtern betrachtet schien eine Parteigründung damals freilich noch in der Ferne. Man verständigte sich zunächst auf eine Open Space-Bewegung. Schließlich versammelten sich im Februar 2007 rund 120 Personen, um neue politische Ideen zu diskutieren. Das Ergebnis wollte man allen Parteien zur Verfügung stellen. Tatsächlich kam mit der damaligen ÖVP-Bundesgeschäftsführerin Michaela Mojzis Prominenz zu der Veranstaltung. Aber nicht, um sich über die Inhalte zu informieren. „Sondern nur, weil die ÖVP sehen wollte, ob wir gefährlich sind“, konstatiert Strolz.

Von Polit-Karriere abgeraten

Aber nicht nur die schwarze, auch die rote Reichshälfte tat das Ihre, um die Neos zu beleben. Im Oktober 2011 kam es für einen Zeitungsartikel zu einem Streitgespräch zwischen Staatssekretär Josef Ostermayer und Strolz, der inzwischen sein Buch „Warum wir Politikern nicht trauen“ geschrieben hatte. „Würden Sie Herrn Strolz raten, in die Politik zu gehen?“, wurde Ostermayer dabei gefragt. Der Staatssekretär verneinte und riet Strolz, er solle besser weiterhin Politikberater bleiben. Nun war der Ehrgeiz von Strolz endgültig entfacht: Noch am nächsten Tag rief er Veit Dengler an. Dengler ist heute CEO der NZZ-Gruppe und räumte deswegen seinen Listenplatz bei den Neos. Damals aber riefen Dengler und Strolz die politische Bewegung ins Leben.

Anfang 2012 versammelten die beiden bereits 40 Leute zu einer Klausur. Einige waren ehemalige Mandatare der ÖVP-nahen Studentenfraktion Aktionsgemeinschaft. Auch aus dem Umfeld der Initiative für eine schwarz-grüne Regierung wurden Leute gewonnen. Zusätzlich holte man unzufriedene Liberale und sogar einstige SPÖ-Wähler an Bord. Gemeinsam gründete man im März 2012 in Wien den Verein „Österreich spricht“, der auf mehr Bürgerbeteiligung abzielte. Daneben liefen im Geheimen schon Vorbereitungen für eine eigene Partei.

Ganz überraschend war die Parteigründung nicht. Schließlich hatte Strolz derartige Pläne immer wieder ÖVP-Politikern wie Christoph Leitl oder Sebastian Kurz erzählt. So richtig ernst genommen habe man das aber nie, meint Strolz. Er habe sich selbst in einer Zwickmühle befunden, schließlich hatte er als Unternehmer Aufträge vom ÖVP-Wirtschaftsbund. Am Ende entschied sich Strolz ganz für die Politikerkarriere. Durch die Zusammenarbeit mit den Jungen Liberalen und dem Liberalen Forum sowie durch die Unterstützung von Hans Peter Haselsteiner konnten die Neos die Reichweite nach der Gründung weiter steigern. Und auch, wenn die Breite nach einem Parlamentseinzug noch zu Konflikten zwischen den verschiedenen Flügeln führen könnte, erwies sich das Sammelbecken an Unzufriedenen im Wahlkampf als Stärke.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2013)

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