Jubelnde Neos: "Für euch Kinder haben wir das gemacht"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Matthias Strolz zieht mit den Neos ins Parlament ein. Sein stetiger Ruf nach Reformen, eine hohe Zahl an Mitstreitern und nicht zuletzt der Haselsteiner-Effekt machten die Überraschung möglich.

Wien. Strahlende junge Gesichter, zig rosa Luftballons, viel Applaus: Die Stimmung in der „Neosphäre“, wie die Neos ihr Büro in der Wiener Neustiftgasse nennen, hätte am Sonntag Nachmittag nicht besser sein können. Als Parteichef Matthias Strolz kurz vor 17 Uhr eintrifft, gibt es kein Halten mehr. Strolz geht auf die Bühne und ruft mit Blick auf fünf kleine Kinder, die ihn umringen: „Für euch haben wir das gemacht. Und für euch werden wir das weiter machen!“

Für den 40-Jährigen, der selbst dreifacher Familienvater ist, ist der Einzug der Neos „ein Jahrhundertprojekt“. Nun will er sich unter anderem für eine Pensions-, Verwaltungs- und Bildungsreform einsetzen, um Österreich „enkelfit“ zu machen, wie Strolz zu sagen pflegt. Österreich sei mutiger geworden, betont er mit Blick auf das Wahlergebnis. Die Neos seien ein „Gesamtkunstwerk“ ruft Strolz voll Freude seinen Mitstreitern zu. Neun Mandatare dürfte seine Fraktion, die nach ersten Hochrechnungen auf 4,8 Prozent kam, im nächsten Nationalrat stellen. Und tatsächlich ist der Parlamentseinzug der erst im Vorjahr gegründeten Partei eine Sensation. Strolz, der einst als Mitarbeiter für die ÖVP-Fraktion im Parlament werkte, darf nun mit seinen Neos selbst auf der Abgeordnetenbank Platz nehmen. „Es ist sensationell, was wir in den letzten zehn Monaten auf die Beine gestellt haben“, erklärt auch die Wiener Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. „Vielen Dank für eure Wohnzimmer!“, ruft sie von der Bühne zu den vorwiegend jungen Parteikollegen. Die Neos hatten über die Monate hinweg immer wieder Partys nach dem Tupperware-Muster veranstaltet und so die Partei bekannt gemacht.

Auch Hausbesuche standen auf der Tagesordnung. Durch die Kooperation mit dem Liberalen Forum (LiF) und den Jungen Liberalen (Julis) wurde die Partei auf immer breitere Beine gestellt. Die Bewegung Neos, die Anfang 2012 von 40 Initiatoren ins Leben gerufen wurde und vor einem Jahr bei der offiziellen Parteigründung 400 Mitglieder hatte, verfügt nun bereits über rund 6000 offizielle Mitstreiter. „Und morgen werden es noch mehr sein. Denn dann werden es immer alle schon gewusst haben“, scherzt Meinl-Reisinger.

Trotz der geballten Kraft der jungen Mitstreiter: Der entscheidende Schub für die Neos dürfte der offizielle Einstieg von Hans Peter Haselsteiner vor einigen Wochen gewesen sein. Auch wenn der Reichensteuerfan manch Rechtsliberalen irritierte, erreichte die Partei dadurch noch einmal einen großen Bekanntheitsschub.

Doch warum ist das neue liberale Projekt jetzt um so viel erfolgreicher als das Liberale Forum? „Dem Liberalen Forum wurde keine Wirtschaftskompetenz mehr zugesprochen“, analysiert Angelika Mlinar, LiF-Chefin und Listenzweite des Neos–Wahlbündnisses. Mit der neuen breiten Plattform sei es aber wieder gelungen, dieses Bewusstsein bei den Bürgern zu verankern. Das Ergebnis macht Mlinar stolz: „Die Menschen haben eine Gruppe gewählt, die sie gar nicht einschätzen können“, frohlockt sie.

„Kein Knittelfeld bei uns“

Dass die Breite der Partei – sie reicht von Rechtsliberalen bis zum links positionierten Anti-Kirchenprivilegien-Kämpfer Niko Alm – im Parlament zum Problem werden könnte, meint in der Stunde des Triumphes freilich niemand. „Es wird bei uns kein Knittelfeld geben“, sagt Alm. Etwaige Meinungsverschiedenheiten werde man in Ruhe ausdiskutieren.

Am sensationellsten fiel das Neos-Ergebnis übrigens in der Heimat von Parteichef Strolz, in Vorarlberg, aus. Die pinke Partei kam dort auf 13 Prozent und wurde damit gleich stark wie die SPÖ. In seiner Heimatgemeinde Dalaas kam Strolz sogar auf fast 40 Prozent und führte seine Partei auf Platz eins.

Neos wollen in Regierung

Der Parlamentseinzug ist für den ehrgeizigen Strolz freilich noch zu wenig. „Wir wollen anpacken. Und die Königsdisziplin ist das Regieren“, sagt er. Falls Rot und Schwarz die „Koalition der Verlierer fortsetzen“, wäre das ein „Armutszeugnis“, meint Strolz. Und auch, wenn es mit der Regierungsbeteiligung der Neos nicht klappen sollte, wolle er jedenfalls einen neuen Stil ins Parlament bringen. Der Nationalrat dürfe nicht länger „der Wurmfortsatz der Regierung sein“, sagt Strolz, bevor er von seinen Mitstreitern auf die Schultern gehoben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2013)

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