Ministerpräsident Pedro Passos Coelho räumt bei den Kommunalwahlen "eine der schlimmsten Niederlagen" ein. Eine Sanierung sei trotzdem notwendig.
Die Portugiesen haben die Mitte-Rechts-Regierung des Euro-Krisenlandes für ihren strengen Sparkurs mächtig abgestraft. Bei den Kommunalwahlen vom Sonntag erlitt die Sozialdemokratische Partei (PSD) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho große Verluste. Nach den am Montag in Lissabon veröffentlichten amtlichen Endergebnissen muss sie die Macht in unzähligen Gemeinden - darunter auch in drei der vier größten Städte des Landes - abgeben.
Die Sozialistische Partei (PS) von Oppositionsführer Antonio Seguro gewann nach Angaben der für die Organisation der Wahlen zuständigen Behörde DGAI in 140 der insgesamt 308 Gemeinden. Die liberal orientierte PSD konnte sich nur in 104 Gemeinden durchsetzen, wobei sie in 20 Fällen auf Koalitionspartner (die PS dagegen in nur einer Gemeinde) angewiesen war. 2009 hatten die Sozialdemokraten gegen die PS noch mit 139 zu 132 gewonnen.
Premier beharrt auf Sanierungskurs
Passos räumte um Mitternacht "eine der schlimmsten Niederlagen" in der Geschichte seiner Partei ein. Er wolle aber den Weg der Sanierung fortsetzen. Das sei unerlässlich, damit Portugal die Krise überwinden, auf den Wachstumspfad zurückkehren und "mehr soziale Gerechtigkeit und Wohlstand erlangen" könne, betonte der 49-Jährige.
Es war der erste Stimmungstest seit der Machtübernahme der PSD und des kleineren Koalitionspartners CDS im Juni 2011. Im Wahlkampf hatte die Opposition dazu aufgerufen, die Regierung wegen des als ungerecht und erfolglos angeprangerten Sparprogramms abzustrafen. Seguro warf Passos vor, beim Sparen mehrfach Wahlversprechen gebrochen zu haben.
Lissabons Bürgermeister erhält 51 Prozent
In den drei nach Lissabon bevölkerungsreichsten Gemeinden Portugals - Sintra, Vila Nova de Gaia und Porto - setzten sich Kandidaten der PS oder anderer Oppositionsparteien durch. Bisher hatte dort die PSD allein oder mit Koalitionspartnern zum Teil seit vielen Jahren das Sagen. In der Hauptstadt feierte der amtierende sozialistische Bürgermeister António Costa mit knapp 51 Prozent (2009: rund 40 Prozent) einen laut Medien "historischen" Sieg.
Gerüchte um nächste Finanzspritze
Zusätzliche Aufregung verursachten am Wochenende Berichte der Zeitung "Público", wonach Portugal nach dem ersten Hilfspaket von 2011 in Höhe von 78 Milliarden Euro trotz aller Kürzungen schon bald auf eine zweite Finanzspritze von bis zu 50 Milliarden angewiesen sein werde. Unter Berufung auf anonyme Quellen der Europäischen Union (EU) in Brüssel schrieb das Blatt, ein zweites Hilfspaket sei "weitgehend unvermeidlich". Das Finanzministerium in Lissabon wies die Berichte als "gegenstandslos" zurück.
Als Gegenleistung für das Hilfspaket von 2011 verpflichtete sich Portugal gegenüber den internationalen Geldgebern zu einer strengen Sanierungspolitik. Im Zuge der Sparmaßnahmen steuert das ärmste Land Westeuropas inzwischen bereits auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu. Die Arbeitslosenquote erreichte inmitten zahlreicher Streiks und Protestdemonstration zuletzt ein Rekordniveau von rund 17 Prozent.
(APA/dpa)