Swap-Deal: Linz verzichtete auf Beratung durch Bawag

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BAWAG P.S.K. logo is pictured at a branch office in ViennaREUTERS
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Im Streit um 500 Mio. Euro stellt sich heraus, dass sich die Mitarbeiter der Stadt Linz von der Bawag nicht beraten lassen wollten.

Wien. Normalerweise sind Verträge zwischen Banken und Kunden geheim. Am Montag wurden jedoch am Wiener Handelsgericht Teile der Vereinbarungen veröffentlicht, die zwischen der Stadt Linz und der Bawag abgeschlossen wurden. Daraus geht hervor, dass Linz beim Abschluss des umstrittenen Franken-Swaps ausdrücklich auf eine detaillierte Beratung durch die Bawag verzichtete. Als Grund wurde in dem Vertrag angegeben, dass die Stadt Linz „über ausreichende Kenntnisse“ über die beschriebenen Geschäfte verfügte und „mit den konkreten Risiken aus Einzelabschlüssen vertraut ist“.

Nun streitet sich Linz mit der Bawag, wer für den Schaden von 500 Millionen Euro aufkommen soll. Am Montag wurde die damalige Bawag-Gebietsbetreuerin S. befragt. Frau S. ist eine wichtige Zeugin, denn sie führte die Verhandlungen mit dem früheren Linzer Finanzdirektor Werner Penn über die umstrittenen Wertpapiergeschäfte. Die Bawag-Mitarbeiterin S. sagte aus, dass der Wunsch für den „Swap 4175“ nicht von der Bank, sondern von der Stadt Linz ausgegangen sei.

Falls die Bawag nicht mitmache, drohte Penn damit, zu einer anderen Bank zu gehen.

Der Linzer Finanzdirektor hatte bereits ein Gegenangebot von der Bank Austria eingeholt. Teile der Telefonate zwischen der Bawag-Mitarbeiterin und Penn wurden von der Bank auf Tonband aufgezeichnet. Diese ließ der Richter im Gerichtssaal abspielen.

Ein „gewaltiges“ Geschäft

Die Mitschnitte zeigen, wie begeistert der damalige Linzer Finanzdirektor von dem Swap war. Er freute sich über ein „gewaltiges“ Geschäft und über eine „Okkasion auf zehn Jahre“. Schließlich machte die Bawag-Mitarbeiterin Angebote, um die Risiken zu reduzieren. Doch Penn wollte davon nichts wissen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich das Geschäft für Linz rechnen würde. Bislang hatten die Anwälte der Stadt Linz behauptet, dass man von der Bawag über den Tisch gezogen worden sei und den Swap nicht verstanden habe. Doch nach Abspielen der Tonbandaufzeichnungen meinte der Richter, er habe den Eindruck, dass Penn wisse, wovon er spreche.

Die Bawag-Mitarbeiterin sagte weiters aus, dass Penn zur Absicherung keine Prämien zahlen wollte. Penn habe sich seine Meinung auf Basis des historischen Schweizer Franken-Kurses gebildet, wobei der Anschlag auf das „World Trade Center“ im September 2001 eine Ausnahme darstellte. Beim Swap-Abschluss im Jahr 2007 habe sich Penn nicht vorstellen können, dass es einen „schlimmeren Event“ geben könnte, erklärte die Bawag-Mitarbeiterin. Doch 2008 brach die weltweite Finanzkrise aus, und das Geschäft wurde für Linz ein Desaster.

Weiters habe Penn erklärt, dass er bei dem Swap den „Chef“ einbinden müsse. Mit „Chef“ habe er den früheren Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) gemeint, so die Bawag-Mitarbeiterin. Außerdem habe Penn betont, dass er für das Geschäft einen gültigen Gemeinderatsbeschluss habe.

AUF EINEN BLICK

Rechtsstreit. Die Bawag und die Stadt Linz streiten sich vor Gericht über einen Franken-Swap, der im Jahr 2007 abgeschlossen wurde. Im Zuge der Finanzkrise wurde das Geschäft ein Desaster. Laut Angaben der Bawag ist bereits ein Schaden von 500 Millionen Euro entstanden. Pro Tag verrechnet die Bank Verzugszinsen von 100.000 Euro. Auch die Anwälte verdienen viel Geld. Ein Verhandlungstag verursacht Verhandlungskosten von etwa 300.000 Euro. Richter Andreas Pablik ist der Ansicht, dass bei dem Geschäft auf beiden Seiten Fehler passiert sind. Alle Versuche, dass sich Bawag und Linz auf eine außergerichtliche Lösung einigen, sind bislang gescheitert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2013)

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