Von Josef Cap geträumt

Nach einer langen Wahlnacht aufgewacht. Schlecht geträumt.

Nach einer langen Wahlnacht aufgewacht. Schlecht geträumt. Schluck Wasser getrunken, dann versucht, die Traumfetzen zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen. Nebel lichten sich, es ist der Abend nach der Wahl 2033. Traditionelle Spitzenrunde im ORF analysiert Wahlergebnis. Am Tisch sitzen lauter Unbekannte – naturgemäß, der Traum spielte in zwanzig Jahren. Auch Sebastian Kurz nicht dabei.

Eine Person nach und nach vertraut. Tatsächlich: Für die SPÖ sitzt Josef Cap am Tisch. Äußerlich unverändert, wurde gerade wieder ins Parlament gewählt. Erklärt, warum der x-te Verlust für die Große Koalition in Serie kein Grund sei, irgendetwas zu überdenken. Josef Cap macht einen Witz. Dann lacht Josef Cap. Verfüge ja immer noch über eine Mehrheit. Dürfe nicht nur das Negative sehen. Lacht. Müsse nun einmal den Regierungsbildungsauftrag abwarten und sich dann mit dem bisherigen Partner zusammensetzen. Wieder Gelächter, langes Gelächter, gruseliges Gelächter.

Kurz den Traum abgeschüttelt, in die Küche gegangen, Kaffee gemacht, Radio aufgedreht. Gerade erklärt Josef Cap im Ö1-„Morgenjournal“, dass es einen klaren Auftrag des Wählers gebe, die Regierung fortzusetzen. Diesmal definitiv kein Traum. Auch der Auftritt am runden Tisch am Abend zuvor nicht.

Seit der frühen Jugend keine politische Erinnerung ohne Josef Cap. Augen geschlossen und versucht, sich ein Szenario vorzustellen, in dem Josef Cap nicht jedenfalls eine tragende Rolle spielt. Vergeblich. Radio wieder abgedreht.

Zwar schlecht geschlafen, aber möglicherweise eine Ursache für das Wahlergebnis entdeckt.

Immerhin.

E-Mails an:florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2013)

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