Steiermark: „Einfache FPÖ-Botschaft kommt an“

Graz
Graz(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Für die SPÖ sind EU-Kritik und Angst vor ausländischen Billigarbeitern Grund für den FPÖ-Erfolg. Gegenwind gibt es auch intern vor den Wahlen 2015 gegen rot-schwarzen Reformkurs.

Graz. Minus 30,4 Prozentpunkte: damit bundesweit größter Verlust für die SPÖ im steirischen Pichl-Kainisch. Minus 35,7 Prozentpunkte: damit bundesweit größter ÖVP-Absturz in Ganz in der Steiermark. In anderen Bundesländern wurde es mit einer gewissen Schadenfreude registriert.

Ausgerechnet für den steirischen Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und seinen Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP), die bundesweit ihre „Reformpartnerschaft“ als Vorzeigemodell angepriesen haben, endete die Nationalratswahl mit einem Desaster: Die Steiermark ist damit erstmals blau, die FPÖ als Sieger war auch in Graz voran, während SPÖ und ÖVP landesweit jeweils mehr als fünf Prozentpunkte einbüßten.

ÖVP-Chef Schützenhöfer sieht jedoch den Widerstand gegen die bis 2015 vorgesehenen Gemeindefusionen bei dem schmerzlichen Ergebnis für seine Partei nur als „Tüpfelchen auf dem i“. Für die Landes-SPÖ ist der Anti-EU-Kurs der FPÖ ein Hauptgrund, warum die Roten gerade in der oberösterreichischen Industriezone massiv an die Freiheitlichen verloren haben. Für Voves und Schützenhöfer wird es wegen ihres Reformkurses allerdings auch parteiintern ungemütlicher. Denn 2015 stehen in der Steiermark Gemeinderats- und Landtagswahlen auf dem Kalender.

SPÖ-Argumente verpuffen

Für den steirischen SPÖ-Landesgeschäftsführer Toni Vukan gibt es einen speziellen Grund, warum in der Steiermark die Verluste höher als im Bundesschnitt sind. „Man darf nicht vergessen, dass das ein Heimspiel für Stronach war“, betont er im Gespräch mit der „Presse“. Das Team Stronach lag mit 10,1 Prozent knapp fünf Prozentpunkte über dem Bundesergebnis. In Gemeinden mit Magna-Betrieben waren es noch deutlich mehr. Eine gewisse Ratlosigkeit löst bei Vukan jedoch aus, dass vor allem zwei bundesweite Themen der FPÖ bei Arbeitnehmern und SPÖ-Sympathisanten gegriffen haben: die Anti-EU-Linie und die Ausländerfrage („diese Thematik ist unterschwellig da“). Diese „einfachen Botschaften“, mit denen die FPÖ arbeite, etwa weniger an die EU zu zahlen, kämen bei der Bevölkerung rüber. Anders ergehe es der SPÖ: „Es kommt nicht an, dass wir die EU brauchen. Dass das wirtschaftliche eine Katastrophe wäre, kommt nicht rüber.“ Ähnlich sei es bei den Arbeitsplätzen: „Die Angst und Sorge vor ausländischen Billigarbeitskräften sind da.“ Allerdings waren auch die Gemeindefusionen, für die Kommunen bei freiwilligen Zusammenschlüssen noch bis gestern, Montag, 24 Uhr, Förderungen bis zu 200.000 Euro beantragen konnten, nicht hilfreich. Der Widerstand schwarzer und roter Bürgermeister zusammen mit der Opposition habe „einfach ein negatives Gefühl“ geschaffen, räumt der SPÖ-Parteisekretär ein.

Forderung nach Rücktritten

Die Gemeindeinitiative, in der sich Bürgermeister aus Protest gegen die Zwangsfusionen verbunden haben, forderte am Montag sogar Rücktritte von Voves und Schützenhöfer. Bei SPÖ und ÖVP wird nun darauf gesetzt, verstärkt mit den Betroffenen zu reden. Schließlich müssen beide Parteien bereits jetzt an die Gemeinderats- und Landtagswahlen 2015 denken.

Vereinzelt wird öffentlich aus den Reihen von Rot und Schwarz mehr Unmut laut. So klagt Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch, der mit dem Sparkurs verbundene Pflegeregress für Angehörige stoße den Leuten sauer auf. Die SPÖ müsse sich auch für Änderungen in der Steiermark verantworten.

Steiermark Wahlergebnisse
Steiermark WahlergebnisseDie Presse


Wien.
In Vorarlberg schrillen bei der ÖVP nach ihrem schlechten Abschneiden die Alarmglocken. Schließlich stehen 2014 Landtagswahlen an, bei der es die absolute Mehrheit zu verteidigen gilt. Daher begann noch am Montag die Ursachensuche – als Hauptproblem wird die geringe Wahlbeteiligung von 57,5 Prozent gesehen.

Das Resultat solle man „nicht an Personen aufhängen, das würde zu kurz greifen“, sagte Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz. Im Wahlkampf hätte man Kernthemen wie die Familie stärker betonen müssen. Auch für AK-Präsident Hubert Hämmerle (ÖAAB) ist das Ergebnis vor allem in einer verfehlten Themenwahl begründet: „Wenn man viereinhalb Jahre lang Arbeitnehmerthemen wie Entlastung nicht bearbeitet, und ein halbes Jahr vor der Wahl tauchen sie plötzlich auf – das nehmen einem die Leute nicht ab.“

Die ÖVP kam auf nur 26,1 Prozent und verlor viele Stimmen an die Neos, die 13,2 Prozent erreichten – fast so viel wie die SPÖ mit 13,5 Prozent. (red.)

St. Pölten. Während Niederösterreich, wo mehr als 22 Prozent der bundesweiten Stimmen abgegeben wurden, mit seinem vergleichsweise stabilen Ergebnis dafür verantwortlich ist, dass die rot-schwarze Mehrheit hält und Zuwächse der Opposition überschaubar bleiben, sind vor allem die Wähler im Wiener Umland deutlich flexibler geworden. Die Orte jenseits der Wiener Grenze bieten ein breites Ergebnisspektrum – von Aderklaa, wo die ÖVP ihr landesweit bestes Ergebnis von 83,2 Prozent (plus 10,6 Prozentpunkte) erzielt hat, über Baden und Mödling, wo Neos und Grüne mehr als ein Viertel der Stimmen erhalten haben, bis Oberwaltersdorf – Frank Stronach hat in seiner Heimatgemeinde mehr als 25 Prozent erhalten.

Die Bedeutung des Wiener Umlandes, der am stärksten wachsenden Region Österreichs, als Wahlkampfbühne dürfte mit der zunehmenden Flexibilität der Wähler dort noch weiter zunehmen. (gr)

Linz. Die SPÖ ist zwar nach wie vor stärkste Partei, aber selbst Landesparteichef Josef Ackerl wollte nicht von Sieg sprechen. Kein Wunder, hat die SPÖ doch in Oberösterreich mit minus drei Prozentpunkten mehr verloren als im Bundesschnitt. Vor allem in ihren Domänen Linz und Steyr verlor die SPÖ signifikant. Grund dafür dürften mit die desaströsen Swap-Geschäfte der Stadt Linz – aktuell streiten Stadt und Bawag vor Gericht um 500 Mio. Euro – gewesen sein. Dazu kam zuletzt die angekündigte und dann doch verhinderte Rückkehr des in der Swap-Affäre angeklagten Ex-Finanzstadtrates Johann Mayr (SP) in die OÖ GKK – die die innerparteilichen Konflikte deutlich machte.

Die ÖVP aber konnte das nicht für sich nutzen: Zwar waren die Verluste mit minus 1,5Prozentpunkten in OÖ vergleichsweise gering, in Linz und Steyr fiel die ÖVP aber auf Platz vier zurück. Und auch die FPÖ verzeichnete geringere Zuwächse als im Bundesschnitt. (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2013)

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