Wir alle sind zu faul für Reformen

Wähler bestrafen Reformen. Dies ist kein Grund, sie sein zu lassen.

Das Ergebnis der Wahl in der Steiermark war ein Schock. Nicht, weil die Wähler ihr Kreuzerl am häufigsten bei der FPÖ gemacht haben und nun die Wiederkehr eines glücklicherweise längstuntergegangenen Reiches vor der Tür stünde, wie von den Berufsbesorgten sofort konstatiert wurde. Schockierend ist der Grund, warum sich die Menschen zwischen Radkersburg und Liezen von ÖVP und SPÖ abgewandt haben.

So wurden die Großparteien im Rest Österreichs dafür bestraft, dass sie Reformen seit Jahren links liegen lassen. Das ist richtig so. In der Steiermark wurde die Koalition jedoch noch stärker abgestraft: dafür, dass die Landesregierung notwendige Reformen durchführt. Und das ist einfach nur falsch.

Natürlich hätte die Kommunikation bei mancher Gemeindefusion besser sein können. Grundsätzlich zeigt das Ergebnis jedoch, warum wir eine reformfaule Politik haben: Wir sind reformfaule Menschen. Dies trifft gar nicht nur auf die Steiermark oder Österreich zu. So wählten die Deutschen 2005 Gerhard Schröder wegen der Agenda 2010 ab. Jener Reform, wegen der Deutschland nun die Führungsnation Europas ist.

Mit Reformen lassen sich also keine Wahlen gewinnen. Dafür aber Eintragungen in die Geschichtsbücher. Und das sollte die handelnden Personen doch wieder ein wenig motivieren.

jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2013)

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