"Shutdown" 1995, ein republikanisches Desaster

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Bereits 1995 lösten blockierende Republikaner einen Stillstand in der öffentlichen Verwaltung aus, der ihnen mehr schadete als half.

Der US-Haushaltsstreit legt die Verwaltung des Landes teilweise lahm. Bis zu eine Million Staatsbedienstete werden unbezahlt in den Zwangsurlaub geschickt. Es ist das erste Mal seit fast 18 Jahren, dass es zu einem Stillstand in der Verwaltung kommt. Doch wie war die Situation 1995/95, als es unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton ebenfalls zu einem "Government Shutdown" kam?

"USA auf Zwangsurlaub", berichtete am 15. November 1995 Presse-Korrespondentin Monica Riegler. Ihr Bericht liest sich fast ident wie heute: "Die US-Regierung und der von Republikanern beherrschte Kongreß haben keinen Kompromiß für das Budget 1996 gefunden. Am Dienstag kam es deshalb zu einer temporären Schließung von Teilen der Bundesverwaltung; rund 800.000 der mehr als zwei Millionen Bundesbediensteten wurden in einen - unbezahlten - Zwangsurlaub nach Hause geschickt." Der Zwangsurlaub dauerte damals von 14. bis 19. November 1995 und in Folge von 16. Dezember 1995 bis 6. Jänner 1996. Die Kosten dafür: Rund 1,4 Milliarden Dollar.

Budgetschlacht zwischen Clinton und Gingrich

Vorangegangen war dem "Shutdown" eine regelrechte Budgetschlacht zwischen dem demokratischen Präsidenten Clinton und den Republikanern unter Führung von Newt Gingrich. Uneins waren sich Clinton und der republikanisch dominierte Kongress über den Bundeshaushalt 1995/96 und die Erhöhung des staatlichen Schuldenlimits. Clinton beugte sich schließlich dem Druck und kürzte den Gesundheitsetat um 125 Milliarden Dollar sowie andere Staatsausgaben um weitere 140 Milliarden Dollar.

Eine augenscheinliche Parallele ist das zentrale Streitthema. Vor fast 18 Jahren versuchte Clinton sein Projekt "Medicare", die öffentliche Krankenversicherung für ältere Menschen, durchzubringen. Heute legen sich die Republikaner gegen die Gesundheitsreform "Obamacare" quer, das innenpolitisch wichtigste Projekt des amtierenden demokratischen Präsidenten Barack Obama. Dieser soll seine Reform verschieben.

1995 sollte Republikanern Warnung sein

Den Republikanern wurde allerdings 1995/96 die Rechnung für ihr Vorgehen serviert. Clinton wurde 1996 mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt. Und die Republikaner galten in der Öffentlichkeit als die Schuldigen. Das Pew Research Center spricht in diesem Zusammenhang noch heute von einem "republikanischen Desaster". In einer Umfrage von ABC News und Washington Post stimmten 72 Prozent der befragten US-Bürger mit Clinton darin überein, dass ein "Shutdown" nicht als Mittel bei Budget-Verhandlungen verwendet werden sollte.

Eine aktuelle Umfrage von CBS News und New York Times kommt übrigens zu einem ähnlichen Ergebnis: 80 Prozent sagen, dass das Drohen mit einem "Shutdown" während der Verhandlungen kein akzeptabler Stil sei. Das sollte den Republikanern eine Warnung sein. Nicht umsonst meint Senator John McCain, dass die Republikaner in diesem Streit nicht gewinnen könnten. Doch viele Abgeordnete stehen angesichts der Kongresswahlen 2014 unter dem Druck der 1995 noch nicht existierenden erzkonservativen Tea-Party-Bewegung. Und diese läuft Sturm gegen "Obamacare".

Der "Shutdown" und die Lewinksy-Affäre

Und noch eine andere Folge hatte der "Government Shutdown", die Clinton später fast sein Amt kosten sollte. Als 1995/96 US-Staatsbedienstete in den Zwangsurlaub geschickt wurde, halfen im Weißen Haus unbezahlte Praktikanten aus. Unter ihnen befand sich auch Monica Lewinsky, mit der Clinton eine "unangemessene" Beziehung beginnen sollte. Ein peinliches Amtsenthebungsverfahren - das allerdings scheiterte - gegen Clinton wegen Meineids und Behinderung der Justiz in der "Lewinsky-Affäre" war die Folge.

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