Mehr Arbeitslose, mehr Beschäftigte

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Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Jahresvergleich um 14 Prozent. Vor allem Ältere, behinderte Menschen und Ausländer sind betroffen. Experten sehen die Zukunft aber positiv.

Wien. Vor der Wahl hatte eine ähnliche Steigerung für großes Wehklagen und viele gute Rezepte gesorgt. Jetzt sind die Parteien mehr mit sich selbst beschäftigt, die Präsentation der neuesten Arbeitslosenzahlen am gestrigen Dienstag gingen im Wehklagen über das Wahlergebnis weitgehend unter. Dabei sind sie nicht viel besser: Im September 2013 waren um 13,8 Prozent mehr Menschen ohne Arbeit als noch im September 2012. In absoluten Zahlen: 335.661 Personen suchten eine Beschäftigung. Davon befanden sich 74.402 in einer Schulung (plus 12,9 Prozent).

Nach nationaler Berechnung lag die Arbeitslosenquote bei 6,9 Prozent, nach EU-Berechnung hat Österreich mit 4,9 Prozent die geringste Arbeitslosigkeit in Europa.

Der starken Zunahme bei den Arbeitslosen steht ein neuer Beschäftigungsrekord gegenüber. 3.522.000 Menschen hatten im September eine Arbeit (davon 956.400 in Teilzeit) – so viele, wie noch nie. Zudem stieg die Zahl der Beschäftigten im Alter von über 50 Jahre um 39.000 auf 796.000. Das gleicht den Anstieg der Arbeitslosen in dieser Altersgruppe aus: Im September 2013 waren es mit 63.659 um 12.692 mehr als vor einem Jahr. Das ist ein Plus von 24,9 Prozent.

Auch bei den weiblichen Beschäftigten verzeichnet die Statistik im Jahresvergleich ein Plus: Um 9000 auf 1,63 Millionen.

Es sind Zahlen wie diese, die Statistiker und Arbeitsmarktexperten hoffen lassen. „Es gibt mehr Erwerbstätige, die Menschen bleiben länger im Job“, erklärt man im Sozialministerium. Das seien durchwegs positive Entwicklungen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ortete in einer Aussendung eine „beginnende Stabilisierung bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“. Dies werde sich ab dem Jahr 2014 positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken.

Im Schnitt 98 Tage arbeitslos

Ein Experte des Ministeriums verweist im „Presse“-Gespräch auf die langsamer gestiegene Arbeitslosigkeit in Deutschland (dort stieg die Quote um nur 0,1 Prozent): Üblicherweise könne man die deutsche Entwicklung mit Verzögerung auch in Österreich feststellen. Und für Deutschland stellt Stefan Kipar von der BayernLB weiterhin „gute Aussichten“ fest: Es gebe eine Konjunkturerholung, mit steigender Auslastung werde sich auch der Stellenaufbau wieder beschleunigen und damit in sinkende Arbeitslosenzahlen übersetzen.

Die Problemgruppen bei den aktuellen Arbeitslosenzahlen in Österreich sind weiterhin die Baubranche (Anstieg um 20,2 Prozent) und das produzierende Gewerbe/Industrie mit einem Plus von 15,2 Prozent. Überdurchschnittlich betroffen von Arbeitslosigkeit waren neben den Über-50-Jährigen auch behinderte Menschen (plus 24,3 Prozent) und Ausländer (60.515, ein Plus von 22 Prozent), wobei es bei letzteren interessante Unterschiede gibt: So liegt die Arbeitslosenquote bei Ungarn, die in Österreich leben, bei nur 3,3 Prozent; unter deutschen Staatsbürgern sind es dagegen 5,6 Prozent.

Durchschnittlich waren die Betroffenen in Österreich 98 Tage ohne Job, das ist ein Tag mehr als im September des Vorjahres. Länger als ein Jahr suchten 24,8 Prozent der Arbeitslosen einen Job. Zum Vergleich: In Deutschland sind 45,5 Prozent schon länger als ein Jahr ohne Arbeit.

Junge Griechen ohne Job

Im internationalen Vergleich steht Österreich mit seinen Zahlen sehr gut da. Laut Eurostat liegt die Arbeitslosenquote etwa in Italien auf dem Rekordwert von 12,2 Prozent, in Griechenland bei knapp 28 Prozent und in Spanien bei 26 Prozent. Besonders hoch ist in diesen Ländern die Jugendarbeitslosigkeit: In Griechenland liegt sie bei 61,5 Prozent. In Italien sind laut der nationalen Statistikbehörde 40,1 Prozent der 15- bis 24-Jährigen ohne Job. Das ist der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 1977.

In der gesamten Euro-Zone ging die Arbeitslosigkeit im Monatsvergleich leicht zurück, im Jahresschnitt aber nach oben. 19,178 Millionen Männer und Frauen hatten im August keinen Job. Das waren laut Eurostat etwa 5000 weniger als im Vormonat, aber knapp 900.000 mehr als vor einem Jahr. Die bereinigte Arbeitslosenquote liegt bei zwölf Prozent. rie/ag

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2013)

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