Pressestimmen zum ''Shutdown''
Pressestimmen zum ''Shutdown'': Ein Geschenk für Obama
''Figaro'' (Paris)
"Barack Obama, Präsident der größten Macht in der Welt, war noch nie so allein. In den USA häufen sich seine politischen Misserfolge, er wird für sein Zaudern in der Syrien-Krise kritisiert, und nun hat er keine Verwaltung mehr, nachdem die Beamten vom Kongress in Kurzarbeit geschickt wurden. (...) In der Schlacht, die zur Zeit in Washington tobt, ist der Präsident zuerst das Opfer einer Erpressung durch die Republikaner. Sie stellen im Repräsentantenhaus die Mehrheit und haben - vergeblich - alles in Bewegung gesetzt, um das Inkrafttreten des wichtigsten Elements der Gesundheitsreform zum 1. Oktober zu verhindern."
''Le Monde'' (Paris)
"Es wäre falsch zu glauben, dass es über die 'Obamacare' wirkliche Meinungsunterschiede zwischen Republikanern und Demokraten gibt. Die Reform ist nur ein Vorwand, den der extremistische, fundamentalistische Kern der Republikanischen Partei, die Tea Party, gewählt hat, um Obamas Präsidentschaft zu sabotieren. Für das Verhalten der Tea Party gibt es keine rationelle Erklärung. Da ist nur der Hass für diesen Präsidenten und ein Politikverständnis, das einem permanenten Bürgerkrieg entspricht.
''Ouest-France'' (Rennes)
"Hier wird die nunmehr chronische Lähmung de utlich, an der die amerikanische Demokratie leidet. (...) Als ob militante Interessen keine Zügel mehr hätten. Als ob die institutionelle Kultur der Amerikaner, ihr Respekt für die Institutionen über Parteigrenzen hinweg, keine Stimme mehr hätte. Und keinen Platz mehr. Vom einen Lager zum anderen gibt es keine Vermittler mehr. (...) Es ist, als gebe es keine Grenze mehr für politisches Kalkül. Unter dem Druck der Extremisten von der Tea Party-Bewegung rudert der klassische republikanische Abgeordnete sein Boot noch weiter nach rechts."
''El Mundo'' (Madrid)
"Die Haushaltskrise lädiert das Image der USA, die das klägliche Bild eines zerstrittenen Landes abgeben. Die Republikaner haben das Recht, die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama abzulehnen, aber sie dürfen nicht die Handlungsfähigkeit der Regierung auf einem Gebiet blockieren, das mit dem eigentlichen Streitpunkt nichts zu tun hat. Sie gebärden sich wie parlamentarische Freibeuter. Ihre Erpressung des Präsidenten zeigt, dass sie die Vernunft verloren haben. Die Strategie kann - wie bereits 1995- sich als Bumerang erweisen. Die Republikaner sollten zu ihrem eigenen Wohl und zum Wohl der Amerikaner ihre Blockade des Budgets aufheben."
''de Volkskrant'' (Amsterdam)
"Es ist nicht das erste Mal, dass die Republikaner den Staat lahmlegen. Aber früher ging es meist um die Beherrschung des Etats an sich. Jetzt bedienen sie sich dieser radikalen Methode, um ein Gesetz zu blockieren, das längst vom Kongress angenommen und vom höchsten Gerichtshof gutgeheißen wurde. (...) Der Fanatismus, mit dem die Republikaner kämpfen, muss nicht nur Amerikanern Sorgen bereiten. Ende des Monats steht im Kongress die Entscheidung über die Erhöhung der Obergrenze der Staatsschulden an. Wenn die Republikaner dann dieselbe Taktik anwenden - so wie das einige Anführer der Tea Party verlangen -, können sie einen noch weit größeren Kollateralschaden verursachen. Dann stürzen sie die gesamte Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession."
''Svenska Dagbladet'' (Stockholm)
"Barack Obama ist der mächtigste Mann der Welt, mit dem verantwortungsvollsten Office der Welt. Er hat sich auch mit dem Versprechen zur Wahl gestellt, die Polarisierung in der amerikanischen Politik zu stoppen. Jetzt setzt er den größtmöglichen Einsatz - die Weltwirtschaft - im hohen Spiel um seinen politischen Liebling. Politik kann ein schmutziges Spiel sein. Aber es liegt kaum außerhalb des Erwartungsrahmens, dass die Opposition das Regelwerk bis zum Äußersten ausnutzt, um ihren Gegner am Durchsetzen seiner Politik zu hindern. Es ist Obamas Verantwortung, die USA aus der Sackgasse zu führen."
''Frankfurter Rudnschau''
''Niemals zuvor hat sich so deutlich gezeigt, dass es nur einer kleinen Gruppe von verantwortungslosen Volksvertretern bedarf, um das produktive Miteinander von Parlament, Präsident und Oberstem Gerichtshof in ein chaotisches Gegeneinander zu verwandeln. Die Prinzipienlosigkeit und die Rücksichtslosigkeit einiger weniger müssen nur stark genug ausgeprägt sein, dann klappt das schon. Die Tea-Party-Truppe bei den Republikanern nahm ihre eigene Partei und mit ihr das ganze Land in Geiselhaft. Sie erklärte schlichtweg, sie werde einem neuen Staatshaushalt erst dann zustimmen, wenn im Gegenzug die Einführung der ihr verhassten Gesundheitsreform Obamacare verschoben würde. Darauf konnte der Präsident gar nicht eingehen. Denn er hätte sich mitschuldig gemacht an einer groben Verletzung parlamentarischer Gepflogenheiten.
''Neue Zürcher Zeitung''
"Welchen Vorteil sich die Republikaner von dieser verrückten Taktik erhoffen, bleibt ein Rätsel. Ihre Forderung läuft darauf hinaus, dass Obama zustimmen soll, seine bedeutendste innenpolitische Errungenschaft (die Gesundheitsreform) über Bord zu werfen. Das werden die Demokraten niemals tun. Sie wissen, dass sie für ihre Haltung viel Verständnis finden werden und die Amerikaner die Schuld am Shutdown mehrheitlich den Republikanern geben werden. Wenn nicht alles täuscht, werden die Republikaner einen Preis für ihre Fehlkalkulation bezahlen müssen. Ein besseres politisches Geschenk hätten sie den Demokraten dreizehn Monate vor den nächsten Kongresswahlen jedenfalls nicht machen können."
''The Times'' (London)
"In dieser lähmenden Machtprobe beanspruchen beide Seiten die moralische Oberhand, aber keine von beiden verdient sie. Amerikas Führer müssen zur Führerschaft zurückkehren."
''Independent'' (London)
"Selbst wenn es zu einer Lösung kommt, wird es Zeit kosten, bis die Republikaner sich aus der Ecke herausmanövriert haben, in die sie sich verfahren haben. Und in der Zwischenzeit wird das politische System diskreditiert, das sie angeblich so sehr schätzen, und das Land, das sie angeblich lieben, wird beschädigt."
''Daily Telegraph'' (London)
''Vielleicht wird dieses neue Debakel den Wendepunkt bringen, an dem Amerikas Öffentlichkeit sich in Wut vereint aufrichtet und eine bessere, realistischere, Problemlösungsorientierte Regierung verlangt."