OeNB: Ein Exerzierfeld für Reformlehrlinge

OeNB Nationalbank Parteipolitik Nowonty
OeNB Nationalbank Parteipolitik NowontyHERBERT PFARRHOFER / APA / pictu
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Warum die Nationalbank mit ihrem aufgeblähten Apparat, ihren teuren Parallelstrukturen und ihren zäh verteidigten Privilegien für die neue Regierung die ideale Übungswiese für eine große Verwaltungsreform wäre.

Die Regierungsbildung hat zwar noch nicht richtig begonnen, wir gehen hier aber doch davon aus, dass die – wieder einmal für fünf Jahre Stillstand abgestraften – alten Koalitionsparteien in welcher Konstellation auch immer die anstehenden Reformen (vor allem Verwaltung und Pensionen) nun doch zumindest einmal anzustoßen beginnen.

Ma kann ja, zum Üben, erst einmal klein anfangen. Für die Verwaltungsreform bietet sich als ideale Trainingsstätte beispielsweise die formell unabhängige, praktisch aber zu 100 Prozent im Besitz der Republik stehende und vom Gouverneur bis zum Portier perfekt durchparteipolitisierte Oesterreichische Nationalbank (OeNB) an.

Die ist nämlich ein perfektes Abbild dieses Staates: strikter rot-schwarzer Proporz auf allen Ebenen (seit Schwarz-Blau mit ein paar blauen Einsprenkseln), eine Verwaltungsstruktur, bei der man trotz angeblicher Sparbemühungen zuletzt eine wundersame Abteilungsvermehrung beobachten konnte, unsinnige, aber teure Parallelstrukturen mit anderen Einrichtungen (von der Statistik Austria über die FMA bis zu Wirtschaftsforschungsinstituten). Und zu alledem ein Betriebsrat der Marke Stahlbeton, der saftige Privilegien (von der Luxuspension für Altverträge bis zum Sportzentrum) mit Zähnen und Klauen verteidigt.

Dazu muss man wissen: So wie im Großen mit dem EU-Beitritt der Republik eine Verwaltungsebene obendrauf gepappt wurde, ohne dass unten eine verschwand, so hat auch die OeNB ihre alte Pracht erhalten, obwohl sie für wesentliche Aufgaben einer Notenbank nicht mehr zuständig ist. Die gesamte Währungs- und Zinspolitik ist mit dem Eurobeitritt ja zur EZB nach Frankfurt abgewandert. Dort hat Österreich einen Anteil von 1,94 Prozent und der OeNB-Gouverneur Sitz und Stimme. Und das war's dann auch schon. Natürlich hat eine regionale Notenbank auch noch andere Aufgaben. Etwa die lokale Versorgung mit Bargeld. Oder die Lieferung von regionalen Statistiken an die EZB. Ob man dazu freilich einen Apparat mit 1100 Beschäftigten benötigt, der 131 Mio. Euro an Personalkosten verschlingt (das sind schlanke 119.000 Euro pro Person und Jahr), ist die Frage. Und ob man diesen Apparat so organisieren muss, dass den 1100 Beschäftigten 1300 Pensionisten gegenüberstehen und die Pensionsrückstellungen für die Altverträge die Irrsinnssumme von zwei Mrd. Euro erreichen müssen, ebenso.

Die Mechanismen, die hier wirken, sind übrigens dieselben wie in der Hochbürokratie: Weil man Leute, die man von bestimmten Posten aus welchen Gründen auch immer weghaben will, nicht wegbekommt, werden einfach neue Parallelabteilungen gegründet und die alten bei weiterlaufenden Kosten kaltgestellt.

Eine Dissidentengruppe im sonst rot dominierten OeNB-Betriebsrat hat beispielsweise den Rechnungshof (der die Notenbank demnächst prüfen soll) unter anderem auf die „Aufblähung der Organisation“ hingewiesen: Seit dem Vorjahr seien vier neue Parallelabteilungen (die allerdings „Referate“ genannt werden) installiert worden. Parallel zum Büro des Präsidenten wurde ein „Referat des Generalrats“ geschaffen, die vorher von der Rechtsabteilung erledigte „Compliance“ wurde im heurigen Frühjahr in ein eigenes Referat ausgegliedert, der Abteilungsleiter der Öffentlichkeitsarbeit wurde in ein neu geschaffenes „Referat Geldmuseum“ umgeleitet. Die Pressestelle wurde aus der Öffentlichkeitsarbeit in ein eigenes Referat ausgegliedert. Macht schon vier zusätzliche Führungspositionen.


Die Krönung ist aber das gerade entstehende, aus der Compliance ausgegliederte Referat „IT-Compliance“: Dorthin wird ein aufmüpfiger Revisor entsorgt, der sich unter anderem geweigert hat, eine vom Direktorium per Weisung verlangte Entschärfung eines Revisionsberichts durchzuführen. Und was sagt der Betriebsrat dazu? Nichts. Die beiden Betriebsratschefs sollen übrigens, wie in einem in der OeNB zirkulierenden Flugblatt zu lesen ist, vom Direktorium neulich mit Zulagen von 50.000 bzw. 20.000 Euro verwöhnt worden sein. Was dort „eine „äußerst unglückliche Optik“ genannt wird.

Die gleiche OeNB, in der Revisionsberichte offenbar per Direktoriumsweisung umgeschrieben werden, ist übrigens für die Bankenprüfung zuständig. Und macht dort eine ziemlich unglückliche Figur, wenn man sich ansieht, wie stoisch die Prüfer den Entwicklungen bei Hypo Alpe Adria, ÖVAG und Kommunalkredit zugeschaut haben. Hier gibt es eine unsinnige Aufteilung mit der FMA, statt eine unabhängige Prüfstelle zu geschaffen.

Kurzum: So wie die kleine Republik noch immer eine Verwaltung in den Dimensionen der großen Monarchie aufrechterhält, tut die Notenbank verwaltungstechnisch noch immer so, als würde es die EZB nicht geben. Das wäre doch ein schönes Exerzierfeld für Reformlehrlinge, oder?

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2013)

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