Handel: Kampf um höhere Löhne

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Die Gewerkschaft bringt sich für die erste Verhandlungsrunde am 15. Oktober in Stellung. Themen werden die sechste Urlaubswoche und mehr Gerechtigkeit für Karenzierte sein.

Wien. Geht's dem Handel gut, geht's dem Handel schlecht? Da gehen die Meinungen weit auseinander. Besonders dann, wenn Kollektivvertragsverhandlungen anstehen. Da schalten die Sozialpartner gern auf Kampfrhetorik um.

Am 15. Oktober findet die erste Verhandlungsrunde statt, am Freitag gab die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) ihre Forderungen bekannt und bettete diese gleich in eine Branchenanalyse ein. Die Jahre 2011 und 2012 seien „absolute Rekordjahre für den Handel“ gewesen, findet Gewerkschafter Karl Proyer. Die Beweisführung der GPA fußt auf einer selbstständigen Bilanzanalyse von Handelsunternehmen: Im letzten Jahr sollen laut GPA 900 Mio. Euro an Eigentümer ausgeschüttet worden sein.

Bei derartigen Summen könne die Ertragslage der Händler nicht so schlecht sein wie immer behauptet, so Proyer.

„Seit Jahren kein Wachstum“

Ganz anders sieht das naturgemäß die Arbeitgeberseite. René Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel (Wirtschaftskammer), hält die Datenbasis der Gewerkschaft für „verzerrt“: „Da fehlt der Blick auf Kleinunternehmen. Die Zahlen decken höchstens 15Prozent der Branche ab.“

Von Rekordjahren zu sprechen hält Tritscher für vermessen: „Wir sehen im Handel seit Jahren kein dynamisches Wachstum bei der Nachfrage. Der Umsatz geht real zurück.“ Unter Berücksichtigung der Inflationsrate hat der Handel letztes Jahr in der Tat um ein Prozent an Umsatz eingebüßt.

Die Gewerkschaft fordert einen Gehaltsabschluss „deutlich“, also etwa ein halbes Prozent, über der Inflationsrate. Zunächst werden sich die Sozialpartner aber einigen müssen, wie diese zu berechnen ist. Die WKO geht von zwei Prozent aus, die Gewerkschaft von 2,4 Prozent. Den von Proyer geforderten Dreier vor dem Komma beim Gehaltsabschluss hält Tritscher jedenfalls für „schlichtweg unrealistisch“. Verhandlungsbereit ist die WKO aber bei der Forderung der GPA, der Diskriminierung von karenzierten Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf einen Riegel vorzuschieben. Jetzt würden diese häufig mit schlechteren Posten abgespeist und nicht von Verbesserungen im KV profitieren, etwa von Gehaltserhöhungen, die während der Karenz vorgenommen wurden.

Eine weitere Forderung der GPA ist ein einfacherer Zugang zur sechsten Urlaubswoche. Laut Handels-KV gibt es diese ab 25 Dienstjahren beim selben Arbeitgeber. Aus Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern werden nur fünf Jahre angerechnet. Das sei angesichts einer durchschnittlichen Verweildauer in Unternehmen von sieben bis neun Jahren zu wenig, so Proyer. „Diese Diskussion sollte nicht Teil der KV-Verhandlungen sein“, findet Tritscher. Das sei vielmehr Thema für die Gespräche, die Anfang 2014 starten werden. „Wir planen eine umfassende Reform des Gehaltssystems im Handel“, sagt Tritscher. Derzeit erheben Gewerkschaft und WKO gemeinsam Daten, auf deren Basis die Gehaltstafeln für Handelsbedienstete neu definiert werden sollen.

Dabei geht es um die Definition neuer Berufsbilder (Stichwort Onlinehandel) und darum, mehr Generationengerechtigkeit zu schaffen. Das bedeutet konkret ein schnelleres Ansteigen der Gehaltskurve bei den Jungen. Hinter den Kulissen ist man also bei aller vordergründigen Kampfrhetorik durchaus zur Zusammenarbeit bereit, wie es scheint.

Reizfigur Hartlauer

Nach wie vor ein Reizwort für die Gewerkschaft ist das Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Für Aufruhr sorgte jüngst der Vorschlag von Unternehmer Robert Hartlauer („Die Presse am Sonntag“ vom 29.9.), Arbeitszeitzuschläge und Tageshöchstarbeitszeit zu streichen. „Hartlauer will es ganz einfach billiger haben. Seine Aussagen zeigen, wie es bei ihm um die Wertschätzung seiner Beschäftigten bestellt ist“, so Proyer. Ein bisschen poltern wird man ja noch dürfen. Auf beiden Seiten. (es)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2013)

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