Wenn Fluglärm krank macht

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Symbolbild(c) EPA (Alessandro Di Meo)
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Zwei Studien legen nahe, dass Fluglärm nicht nur die Lebensqualität mindert, sondern Herz- und Kreislaufprobleme fördert. Die Todesrate steigt.

Wien. Wer Ruhe sucht und sich deshalb in den Speckgürteln der großen Städte ansiedelt, fernab der Durchzugsstraßen, der musste immer schon den Nachbarn mit seinem Rasenmäher einkalkulieren. Aber am Abend verstummte diese Nervensäge doch. Allerdings stört dann immer öfter der Himmel den Frieden – der Flugverkehr. Eine eher milde anschwellende Variante kann man etwa in Wien Liesing erleben, mit einer härteren sind die Bewohner des Umfelds des Flughafens von Frankfurt geschlagen.

Auch anderswo stellt sich gestörte Nachtruhe ein, und die Sorgen wachsen mit dem Dröhnen: Ist der Lärm wirklich nur lästig, oder macht er auch den Körper krank, vor allem das Herz? Darauf deuteten einige Studien, man bemerkte etwa bei den Bewohnern rund um den Flughafen Amsterdam erhöhten Blutdruck und eine verstärkte Einnahme von Herzmedikamenten. Aber ganz klar waren diese Studien nie, es gibt viele andere Variablen.

All das versuchten nun gleich zwei Studien in den Blick zu nehmen, die zum übereinstimmenden Befund kommen, dass Fluglärm zu Herz-Kreislauf-Leiden führt und zu vermehrten Spitalsaufenthalten. Aber nicht nur das: Auch die Todesfälle steigen, sowohl durch Herzinfarkt wie durch Hirnschlag.

Feldversuch in Heathrow

Diese neue Gefahr zeigte sich zumindest in den Ein- und Ausflugschneisen des Flughafens Heathrow in London, wo 3,6 Millionen Menschen leben. Und dort hat eine Gruppe um Paul Elliott (Imperial College London) 12.110 Zensusbezirke mit je 300 Einwohnern ausgewertet. Sie fand einen linearen Zusammenhang von Lärmpegel und Herz- und Hirnschlag. Bewohner asiatischer Herkunft waren im Übrigen stärker betroffen als Schwarze.

Die Lebensgewohnheiten allerdings konnten nur indirekt abgeschätzt werden, das Rauchverhalten etwa an den Lungenkrebsraten (British Medical Journal, 8. 10.). Das ist auch die Schwäche einer gleichzeitig im gleichen Journal publizierten Studie, die zwar viel über das Verhalten weiß, aber nichts darüber, ob Menschen nicht nur von Flug-, sondern auch von Straßenlärm geplagt werden. Oder ob der Fluglärm nur in der Nacht Schaden anrichtet.

Im Übrigen hat diese Studie den Vorzug einer geografisch sehr breiten Streuung: nämlich die Situation rund um 89 Flughäfen quer durch die USA (Francesca Dominic, Harvard Medical School), ausgewertet anhand der Daten der Krankenversicherungen. Bei Herz-Kreislauf-Leiden und -toten kommt sie zum gleichen Befund wie die Forscher in London, ein Zusammenhang mit Hirnschlag zeigte sich nicht.

„Die Studien bieten vorläufige Evidenz dafür, dass Flugzeuglärm nicht nur lästig ist und die Lebensqualität mindert, sondern die Krankheits- und Todesraten durch Herzkrankheiten erhöhen mag“, kommentiert Stephen Stansfeld (London). „Planer von Flughäfen oder ihren Erweiterungen sollten das mitbedenken.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2013)

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