Flüchtlingsdrama: Gemeinsame EU-Mission im Mittelmeer?

Flüchtlingsdrama: Gemeinsame EU-Mission im Mittelmeer?
Flüchtlingsdrama: Gemeinsame EU-Mission im Mittelmeer?EPA
  • Drucken

Die EU-Innenminister verwarfen die Forderungen aus Italien nach mehr Solidarität bei der Aufnahme von Asylwerbern.

Luxemburg. Nach dem Flüchtlingsdrama vor Lampedusa fordert die zuständige EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström eine neue umfassende EU-Mission im Mittelmeer. Unter Leitung der Grenzschutzagentur Frontex sollen Sicherheitskräfte aus mehreren Mitgliedstaaten im gesamten Mittelmeer von „Zypern bis Spanien“ zum Einsatz kommen, um derartige Katastrophen künftig zu verhindern. Sowohl aus der Luft als auch per Schiff sollen die Sicherheitskräfte Boote mit Flüchtlingen aufbringen und retten.

Malmström legte ihren Vorschlag am Dienstag den EU-Innenministern vor, die in Luxemburg über die Folgen des Unglücks berieten. Dabei wurde erneut auch über eine von Italien geforderte solidarische Aufnahme von Flüchtlingen in anderen EU-Staaten diskutiert. Aus dem Europaparlament kamen Appelle zu mehr Menschlichkeit und Solidarität. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hofft angesichts der jüngsten Flüchtlingstragödie auf einen „Wendepunkt in der Migrationspolitik“. Eine bereits seit Längerem debattierte Neuausrichtung scheitert aber an mehreren Mitgliedstaaten, darunter Österreich und Deutschland. Die Innenminister beider Länder sprachen sich auch gestern gegen eine Änderung der umstrittenen Dublin-II-Regeln aus. Sie sehen vor, dass Flüchtlinge in jenem Land ihren Asylantrag stellen müssen, in dem sie als Erstes eingereist sind. Reisen sie dennoch in ein anderes EU-Land weiter, können sie von diesem in das Erstaufnahmeland zurückgeschoben werden. „Dublin II bleibt unverändert“, so der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich. Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hält eine Änderung für „nicht notwendig“.

Indessen werden noch immer Leichen aus dem Meer geborgen. Das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa kostete mittlerweile mindestens 274 Menschen das Leben. In der Nacht auf Dienstag retteten zwei Frachtschiffe erneut mehrere hundert Flüchtlinge aus dem Mittelmeer.
Gleichzeitig spitzt sich die Lage auf der von immer neuen Fluchtwellen betroffenen Insel Lampedusa zu. Bei einem überfüllten Lager kam es zu Protestaktionen. Die Demonstranten warfen Matratzen aus Gebäuden und versuchten, Busse mit Neuankömmlingen aufzuhalten. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR teilte mit, die Lebensbedingungen in der Einrichtung seien „vollkommen inakzeptabel“. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Aussengrenzen Drohnen Satelliten
Europa

EU überwacht Außengrenzen mit Drohnen und Satelliten

Dank verstärkter Kooperation der EU-Grenzschützer sollen weniger Flüchtlinge auf hoher See sterben.
Leitartikel

Lampedusa: Die Grenzen öffnen? Unbedingt, aber in den Köpfen aller

Das Europaparlament beschloss am Donnerstag schärfere Grenzkontrollen. Damit allein ist noch lang kein Flüchtlingsproblem gelöst.
In drei Monaten 577 syrische Flüchtlinge zurückgeschoben
Österreich

577 syrische Flüchtlinge seit Juli zurückgeschoben

In den vergangenen drei Monaten wurden in Tirol 577 syrische Flüchtlinge aufgegriffen und nach Italien zurückgeschoben.
ARCHIVBILD EUROPABRUECKE
Europa

"Der Brenner ist der neue Eiserne Vorhang"

Das italienische Magazin "L'Espresso'' zieht über Österreichs Asylpolitik her. Selbst hochschwangere Frauen würden über die Grenze zurückgeschickt.
ITALY LAMPEDUSA BOAT IMMIGRANTS ACCIDENT
Europa

"Schande": Buh-Rufe für EU-Spitze auf Lampedusa

Nach der Flüchtlingstragödie wurden Kommissionschef Barroso und Malmström bei ihrer Ankunft auf der Mitelmeerinsel als "Mörder" beschimpft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.