Studie: Wähler gegen Fortbestand der Großen Koalition

Michael Spindelegger und Werner Faymann
Michael Spindelegger und Werner Faymann(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Rund 60 Prozent der Befragten sind gegen eine „More of the same“-Regierung. Denn die Enttäuschung und Unzufriedenheit sitzen tief. Das ist auch das wichtigste Wahlmotiv. Die FPÖ verliert aber wenig Stimmen an Stronach.

Wien. Österreichs Bevölkerung ist mit der jüngsten Regierung unzufrieden. Für diese Aussage allein braucht es keine empirischen Studien. Doch wie tief der Unmut tatsächlich sitzt, untermauerte der Politologe Fritz Plasser nun mit Zahlen aus drei bundesweiten Befragungen – und zeigte sich selbst überrascht: Denn 61 Prozent der Befragten gaben an, sich einen Wechsel der Regierungspolitik unter Einschluss neuer Koalitionspartner zu wünschen. 31 Prozent sind für das Fortführen der Koalition.

Selbst unter den deklarierten SPÖ- bzw. ÖVP-Wählern sprach sich nur jeder Zweite für eine unveränderte Fortsetzung der Großen Koalition aus. „Die Daten sind allerdings nicht als definitive Absage an eine zukünftige Regierungspartnerschaft zwischen SPÖ und ÖVP zu intepretieren“, gab Plasser zu bedenken. Vielmehr würden die Wähler damit zeigen, dass sie sich keine „More of the same“-Regierung wünschen.

Unzufriedenheit war demnach das wichtigste Wahlmotiv – allerdings nicht nur wegen der Regierungsarbeit von Rot-Schwarz: 71 Prozent der Befragten gaben an, sich sehr bzw. eher über die Politik einer oder mehrerer Parteien geärgert zu haben.

Protestwähler für Neos

Viele stimmten daher nicht unbedingt für eine Partei, weil sie von ihrem Programm so überzeugt waren – sondern vielmehr, weil sie von anderen enttäuscht wurden: Vor allem bei den Neos war dieser Wert (71 Prozent) am höchsten, danach folgten Stronach- und FPÖ-Wähler.

Was bedeutet dies also für zukünftige Wahlen? SPÖ und ÖVP müssten ihren Stil verändern, wenn sie weiterhin als Großpartei gelten wollen. Denn so etwas wie eine persönliche Bindung zu einer Partei gebe es nur mehr unter den älteren Wählerschichten, sagte Plasser. Im Wahlkampf müsse man sich also darum bemühen, nicht nur Kernwähler anzusprechen – weil es die eben nicht mehr in dem Ausmaß wie früher gebe.

Beide Parteien haben übrigens ihre Stimmen relativ ähnlich vor allem an Nichtwähler (26 Prozent) und an das Team Stronach (21 Prozent) verloren. Im Vergleich zu früheren Wahlen wechselten allerdings deutlich weniger zur FPÖ (13 Prozent).

Die FPÖ schaffte es hingegen in den letzten Wochen, viele Wähler vom Team Stronach zurückzuholen: Denn von den sogenannten „schwankenden“ FPÖ-Wählern (also jenen, die überlegt haben, eine andere Partei zu wählen), haben 43 Prozent überlegt, ihre Stimme dem Team Stronach zu geben – haben es aber nicht getan.

Auf die EU-Wahlen im Jahr 2014 blickend, sprach Plasser von einer „alarmierenden EU-Skepsis“. Jeder zweite Befragte gab an, dass die Einführung des Euro Nachteile gebracht hätte. Und nur 35 Prozent befürworten eine finanzielle Hilfe für Länder wie Griechenland, Portugal und Spanien. Allerdings: Das sind immer noch mehr als jene Leute, die für eine Große Koalition sind. (ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2013)

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