Auch die erwachsenen Österreicher sind beim Rechnen bestenfalls mittelmäßig, beim Lesen sogar schlechter. Immerhin: Die Jungen schneiden besser ab als die Älteren.
Wien. Es sind simple und alltagsnahe Aufgaben, an denen viele erwachsene Österreicher beim Lesen zu scheitern drohen. Etwa an der Liste mit den Kindergartenregeln, auf der unter anderem eindeutig vermerkt ist, dass die Kinder spätestens um neun Uhr abgegeben werden müssen (siehe rechts). Fast eine Million Österreicher würden es gerade noch schaffen, diese Information herauszulesen. Für viel mehr reichen die Kenntnisse nicht.
Das zeigt die aktuelle PIAAC-Studie der OECD, eine Art PISA für Erwachsene, für die erstmals die Alltagskompetenzen von Erwachsenen getestet wurden. Es ging um Lesen, Rechnen und Problemlösen mithilfe des Computers. 24 Industrieländer nahmen teil, neben anderen europäischen Staaten auch Japan, Kanada oder die USA. Insgesamt wurden rund 166.000 Menschen befragt, in Österreich waren es 5100, zufällig ausgewählt und repräsentativ für die Bevölkerung.
Vor allem beim Lesen – schon im echten PISA für die 15- und 16-Jährigen das große Problemfeld – sieht es schlecht aus. 17,1 Prozent der 16- bis 65-Jährigen – hochgerechnet rund 970.000 – erreichen maximal Kompetenzstufe eins (von fünf). Das heißt: Sie können höchstens kurze, einfache Texte verstehen und einzelne Informationen herausfiltern. Längere Texte, mehrere Informationen oder Schlussfolgerungen? Fehlanzeige.
Jüngere, Männer schneiden besser ab
Mit den schlechten Lesern liegt Österreich damit über dem OECD-Schnitt (16,7 Prozent), bei den besonders guten darunter. Insgesamt hinkt Österreich beim Lesen mit 269Punkten dem Durchschnitt (273) ein halbes Bildungsjahr hinterher. In den anderen Bereichen stehen die Österreicher etwas besser da – wenn auch immer noch mittelmäßig: bei Mathematik knapp über, bei den Computerkenntnissen ziemlich genau im Schnitt. Besonders gut sind die Ergebnisse in Finnland und Japan.
Wenig überraschend ist, dass gerade bei den Aufgaben, die mit dem Computer gelöst werden sollten – etwa, einen Konferenzraum online zu reservieren –, die Jüngeren deutlich besser abschneiden. Umso überraschender: Die Leistungen der 16- bis 24-Jährigen sind auch beim Lesen und Rechnen besser als die der Älteren, zum Teil deutlich. Die besten Ergebnisse erbringen hierzulande die Getesteten um die 30 Jahre.
Das ist ein Lichtblick, auch für die Zukunft: Die Macher der Studie – in Österreich ist das die Statistik Austria – gehen davon aus, dass sich die besseren Leistungen fortschreiben werden.
Auch lesen bei den Jungen Männer und Frauen gleich gut – verwunderlich, zumal bei PISA stets die Mädchen die besseren Leser sind. Mehr noch: Über alle Altersgruppen lesen sogar die Männer etwas besser. Auch bei den anderen beiden Bereichen schneiden sie besser ab. Bei Mathematik liegen die Männer sogar um 13 Punkte vor den Frauen. Das entspricht einem Vorsprung von zwei Bildungsjahren. 35 Punkte, also rund fünf Bildungsjahre hinten sind beim Lesen jene, die eine andere Muttersprache haben als Deutsch.
Schlechte Leser haben dennoch Jobs
Schlechte Kompetenzen bedeuten aber nicht automatisch Arbeitslosigkeit. So sind die Erwerbstätigen im Schnitt bei den Kompetenzen deutlich besser (so, wie übrigens auch besser ausgebildete und jene aus bessergestellten Familien). Auch jene, die es beim Lesen nur maximal in die erste Stufe geschafft haben, sind aber zu knapp zwei Dritteln erwerbstätig. Zu finden sind diese vor allem im Handel und in der Gastronomie, aber auch in der öffentlichen Verwaltung oder der Verteidigung. Ihre Jobs: größtenteils im Bereich Verkauf, Dienstleistung, Montage oder Hilfsarbeit.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2013)