Janet Yellen wird US-Notenbankchefin

Janet Yellen wird USNotenbankchefin
Janet Yellen wird USNotenbankchefin(c) EPA (Franck Robichon)
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Erstmals soll mit Janet Yellen künftig eine Frau die mächtigste Zentralbank der Welt leiten. Yellen gilt als Vertreterin einer ultra-lockeren Geldpolitik.

Janet Yellen soll künftig als erste Frau in der Geschichte die mächtige US-Notenbank Fed leiten. Ihre Nominierung zur Fed-Chefin wollte Präsident Barack Obama am Mittwochnachmittag (Ortszeit) offiziell bekanntgeben, berichteten US-Medien übereinstimmend unter Berufung auf einen Regierungsbeamten. Die 67 Jahre alte bisherige Vize-Chefin der Zentralbank soll die Nachfolge von Ben Bernanke (59) antreten, dessen zweite Amtszeit am 31. Jänner ausläuft. Bernanke will kein drittes Mal antreten.

Yellens Nominierung muss vom Senat noch bestätigt werden. Sie wäre die einzige Frau in diesem Amt in der 100-jährigen Geschichte der Fed.

Die Notenbank schwemmt seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 die Märkte mit billigem Geld und war so mitverantwortlich für einen Boom der Aktienmärkte an der Wall Street und weltweit. Im Frühjahr kündigte Bernanke den schrittweisen Ausstieg aus dieser Anti-Krisen-Zinspolitik an - die Umsetzung dürfte nun aber weitgehend Yellen überlassen bleiben. Die Aufgabe, den Ausstieg ohne einen Einbruch der Finanzmärkte zu bewerkstelligen, gilt als historisch einmalig und höchst komplex.

Favorit Summers verzichtete

Yellen ist seit 2010 Bernankes Stellvertreterin und rückte in die Favoritenrolle, nachdem Obamas Wunschkandidat, der frühere US-Finanzminister Lawrence Summers, im September seine Bewerbung zurückgezogen hatte. Im September drängten mehr als 500 Ökonomen Obama in einem Brief dazu, Yellen für den Posten zu nominieren. Summers beugte sich schließlich dem öffentlichen Druck.

Yellen hat nicht nur bei den Demokraten einen exzellenten Ruf, sondern auch bei den oppositionellen Republikanern. Seit den 70er Jahren arbeitete die Ökonomin immer wieder für die Fed in Washington. Sie war später auch Chefin der Notenbank in San Francisco. Zwischendurch beriet sie den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton. "Dr. Yellen ist hervorragend qualifiziert", hieß es in dem Schreiben an Obama, das unter anderem Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz und ehemalige Vize-Chefs der Fed unterzeichneten.

Eine währungspolitische "Taube"

Yellen gilt wie auch Bernanke als "Taube" – also als Notenbankerin, die eher auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als auf das Drücken der Inflationsrate achtet. Vertreter, die eher die Inflationsrate bekämpfen, werden als "Falken" bezeichnet.

Verfechterin der ultra-lockeren Geldpolitik

Als Nummer Zwei ist Yellen eine enge Beraterin von Bernanke und gilt als ausgesprochene Verfechterin der aktuellen Politik des billigen Geldes. Jobs zu schaffen ist ihr wichtiger als der Kampf gegen die Inflation - damit gilt sie im Offenmarktausschuss der Fed, zuständig für die Geld- und Währungspolitik der USA, als "Taube". Seit mehr als vier Jahren hält die Fed den Leitzins praktisch bei null Prozent. Zudem kauft sie monatlich Anleihen im Wert von 85 Mrd. Dollar (62,6 Mrd. Euro), um die langfristigen Zinsen niedrig zu halten.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte angesichts des bevorstehenden Wandels zu einer strengeren Geldpolitik vor einem beispiellosen und komplizierten Prozess. Die Fed müsse das Bremsmanöver der Notenpresse "klar und zeitlich angepasst" kommunizieren, sagte der Chef der IWF-Kapitalmarktabteilung, Jose Viñals, am Mittwoch. Sonst drohten Turbulenzen auf den Finanzmärkten, besonders in den Schwellen- und Entwicklungsländern.

Werden in naher Zukunft noch keine Änderungen beim Leitzins erwartet, so hat die Fed angedeutet, dass sie bald stufenweise aus den Anleihenkäufen aussteigen dürfte. Viele Experten hatten eine stufenweise Reduzierung der Käufe bereits für September erwartet, aber Bernanke entschied sich unter anderem wegen der nur zögerlichen Erholung am Arbeitsmarkt noch für Zurückhaltung. Möglich wäre, dass der scheidende Fed-Chef - je nach dem, wie sich der Haushaltsstreit und die US-Konjunktur entwickeln - den ersten Schritt noch 2013 nachholt. Die Herausforderung, das Programm im richtigen Tempo ganz abzuwickeln, fällt jedoch Yellen zu.

>>> Erste Reaktionen zur Bestellung von Yellen

(APA/Reuters)

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Kommentare

Die „mächtigste Frau der Welt“ ist eher machtlos

In Wahrheit steckt Yellen in einer Zwickmühle.
Seite 1

„Taube“ folgt auf „Taube“

Fed. Auch Ben Bernankes wahrscheinliche Nachfolgerin auf dem Fed-Thron ist eine Freundin von lockerer Geldpolitik.
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