Kurz vor der Bekanntgabe um 13 Uhr hat die Weißrussin Swetlana Alexijewitsch Haruki Murakami bei den Wettanbietern abgelöst. Auch Jon Fosse steht hoch im Kurs.
Kurz vor der Bekanntgabe des diesjährigen Nobelpreises für Literatur am Donnerstag um 13 Uhr wird Swetlana Alexijewitsch als heiße Favoritin gehandelt. Bei den Wettanbietern hat sich die 65-jährige weißrussische Autorin wenige Stunden vor Bekanntgabe des heurigen Preisträgers in Stockholm klar vor dem Japaner Haruki Murakami an die Spitze gesetzt - mit einer Quote von 1:1,5 bis 1,67.
Zwischenzeitlich hatten die Zocker auch den norwegischen Autor Jon Fosse hochgehandelt, der sich am Donnerstagvormittag überraschend auf Platz 3 vorschieben konnte. Mit nahender Verkündung in Stockholm rutschte Fosse jedoch wieder auf Platz 7 zurück.
Die Schwedische Akademie gab am 10. Oktober um 13 Uhr bekannt, wer der diesjährige Preisträger des Literatur-Nobelpreises ist ... Im Bild: Vorjahressieger Mo Yan; Text: her (c) imago stock&people (imago stock&people) Alice Munro erhält in diesem Jahr die Auszeichnung und folgt damit auf Mo Yan. Die 82-jährige Kanadierin war im Vorfeld bei den Wettbüros als Ko-Favoritin gehandelt worden. Ladbrokes führte die Booker-Preisträgerin, die für ihre Kurzgeschichten berühmt ist, auf Platz zwei (4:1). Als Favorit für den diesjährigen Literatur-Nobelpreis galt: (c) EPA (DEREK SHAPMAN / MAN BOOKER PRIZE) Der japanische Romancier Haruki Murakami (geb. 1949). Auch im Vorjahr war es nicht anders. Und doch ging der Preis nicht an ihn. Murakami ist mit seinen Romanen im Stil des magischen Realismus der bekannteste japanische Autor der Gegenwart. Zuletzt erschien auf Deutsch sein Opus magnum "1Q84". Kritiker werfen ihm einen "verwestlichten" Stil vor. Hinter Murakami war das Favoritenfeld eng - und weiblich. (c) imago stock&people (imago stock&people) Swetlana Alexijewitsch (geb. 1948) war mit einer Quote von 6:1 ins Nobelpreis-Rennen gegangen. Die Weißrussin wurde mit Berichten und Reportagen über die Atomkatastrophe in Tschernobyl und über den sowjetischen Afghanistankrieg weltweit bekannt. Die gelernte Journalistin entwickelte einen eigenen Stil, eine Art literarischer Collage. Alexijewitsch gilt auch als Chronistin des Lebens in autoritären Gesellschaften. Heuer wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. (c) imago stock&people (imago stock&people) Joyce Carol Oates (geb. 1938) gehörte mit einer Quote von 8:1 ebenfalls zu den Favoritinnen. Ihr Werk ist breit gefächert: Bislang publizierte sie gut 300 Erzählungen und 60 Romane, von sozialkritischen Büchern über fantastische Romane bis hin zu Jugendliteratur. Drei Pulitzer-Preise hat sie schon: Für "Blond", "What I Lived For" und "Black Water ". Fehlt noch der Nobelpreis. (c) REUTERS (� Vincent Kessler / Reuters) Der Ungar Péter Nádas (geb. 1942) lag mit einer Quote von 8:1 ebenfalls auf den vorderen Plätzen. Der große europäische Erzähler beschäftigt sich vor allem mit dem kommunistischen Ungarn. Sein Roman "Buch der Erinnerung" gilt heute als eines der Meisterwerke des 20. Jahrhunderts. Sein monumentaler Roman "Parallelgeschichten" erschien 2012 auf Deutsch. (c) FABRY Clemens Der Norweger Jon Fosse (geb. 1959) veröffentlichte erst Lyrikbände und Romane, widmete sich in den vergangenen Jahren aber immer stärker dem Theater und gilt als begnadeter Dramatiker. Am bekanntesten sind wohl "Der Gitarrenmann" und "Todesvariationen". Seine Quote lag bei 9:1. (c) APA (SCHLAGER Roland) Ko Un (geb. 1933) ist einer der wichtigsten Dichter und Schriftsteller Koreas. Seine Quote lag bei 10:1. In seiner Jugend wurde Ko Un zu einem buddhistischen Mönch ausgebildet und lebte als Bettelmönch. In den Sechzigern wurden seine Gedichte in Studentenprotesten als Widerstandshymnen gefeiert, Ko Un selbst wurde mehrfach verhaftet und gefoltert. Heute lebt der Autor in Seoul. (c) REUTERS (� Lee Jae Won / Reuters) Die algerische Schriftstellerin Assia Djebar (geb. 1936) gehört seit Jahren zum Favoritenkreis, so auch heuer wieder mit einer Quote von 12:1. Auch sie musste sich Munro geschlagen geben. Sie verfasst ihre Bücher auf Französisch. Das Hauptwerk der Muslimin ist die "Algerische Tetralogie": Darin schildert sie Geschichte und Gegenwart Algeriens. (c) � Philippe Wojazer / Reuters Die Chancen für den öffenlichkeitsscheuen Amerikaner Thomas Pynchon (geb. 1937) standen mit 12:1 auch nicht schlecht. Wieder einmal. Pynchon gilt als einer der einflussreichsten Literaten der Gegenwart. Nur neun Bücher hat er seit seinem Erstling "V." veröffentlicht, darunter "Die Enden der Parabel". Heuer erschien "Bleeding Edge", bisher nur auf Englisch. Ein Einwand gegen Pynchon: Er dürfte kaum selbst nach Stockholm reisen, um sich den Preis abzuholen. Schließlich lässt er sich nicht einmal fotografieren. (c) Wikicommons Der kenianische Schriftsteller und Kulturwissenschaftler Ngugi wa Thiong'o (geb. 1938), der heute in den USA lebt, wurden Außenseiterchancen zugesprochen (Quote: 12:1). Er wurde mit dem Roman "Weep Not, Child" Mitte der Sechziger bekannt. In seinen Büchern bezieht er sich oft auf das Verhältnis von Afrikanern zur britischen Kolonialherrschaft. Ende der Siebziger wurde der Regimekritiker von den Schergen von Präsident Jomo Kenyatta verhaftet: Im Gefängnis schrieb er auf Klopapier den Roman "Devil on the Cross". Sein Roman "Herr der Krähen" gehört zu den innovativsten Romanen aus Afrika. (c) EPA (UNIVERSITY OF CALIFORNIA/HO) Mit einer Quote von 14:1 lag der syrisch-libanesische Dichter und Essayist Adonis, mit bürgerlichem Namen Ali Ahmad Said (geb. 1930), im Vorfeld auf aussichtsreicher Position. Der Schwedischen Akademie wird gerne "Europa-Zentrismus" vorgeworfen, das könnte seine Wahl wahrscheinlicher machen. Schließlich ist Adonis einer der bedeutendsten arabischen Dichter der Gegenwart. (c) Dapd (Mario Vedder) Den Ruf eines übergangenen Autor hat hingegen der große amerikanische Romancier Philip Roth (geb. 1933). Seit Jahren in der Favoritenrolle, seit Jahren ohne Nobelpreis. Die Serie geht weiter. Heuer lag seine Quote bei 16:1. Der vielfach preisgekrönte Autor gilt als förmlich "schreibwütig", was seine Chancen bisher geschmälert haben könnte. Die Akademie berücksichtigt das komplette Œuvre eines Autors. Doch die Chancen für Roth könnten steigen: Er hat aufgehört Romane zu schreiben. (c) REUTERS (� ERIC THAYER / Reuters) Mit einer Quote von 16:1 weit oben stand auch der Israeli Amos Oz. Der Mitbegründer der politischen Bewegung Schalom Achschaw (Peace Now) hat eine Reihe von Romanen und Erzählungen, einige Essaybände und Kinderbücher verfasst. Für ihn machte sich Günter Grass stark: Allein für "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" hätte Amos Oz den Nobelpreis verdient, meint der Literatur-Nobelpreisträger von 1999. Das Buch ist eine fiktive Biografie und eine Skizze der israelischen Geschichte und wurde zum Bestseller. (c) EPA (TONINO DI MARCO) Der aus Tschechien stammende, in Frankreich lebende Milan Kundera (geb. 1929) km auf eine Quote von 25:1. Er feierte mit "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" seinen größten Erfolg. Inzwischen hat sich Kundera von seiner Muttersprache abgewandt und schreibt auf Französisch. Sein bisher jüngster Roman ist "Die Unwissenheit". Daneben ist er auch als Essayist aktiv. (c) imago stock&people (imago stock&people) Umberto Eco (geb. 1932) war in den vergangenen Jahren eher auf unteren Plätzen der Favoritenliste zu finden, heuer war der Italiener mit einer Quote von 25:1 wieder aufgerückt. Weltberühmt wurde er mit dem Mittelalter-Klosterkrimi "Der Name der Rose", der auch verfilmt wurde. Daneben machte sich Eco als Kulturwissenschaftler einen Namen. (c) EPA (FABIO CAMPANA) Signifikant vorgerückt ist heuer der einzige Österreicher im Favoritenkreis, Peter Handke (geb. 1942): Der Kärntner Autor rückte zwischen Montag und Mittwoch von Platz 35 auf Platz 16 vor. Die politischen Ansichten des Autors von "Wunschloses Unglück", wie etwa die Verteidigung von Ex-Diktator Milosevic, könnten die Akademie allerdings irritieren. (c) imago stock&people (imago stock&people) Irlands Meistererzähler William Trevor (geb. 1928) zählt seit vergangenem Jahr zum engen Favoritenkreis. Seine Quote lag in diesem Jahr bei 33:1. Der ehemalige Sportlehrer und Bildhauer beschäftigt sich mit Außenseitern und der Irischen Geschichte. Bekannt ist er vor allem für seine Kurzgeschichten. (c) � Stephen Hird / Reuters "Mein Herz so weiß" machte Javier Marias (geb. 1951) weltweit bekannt. Mit einer Quote von 33:1 wurde der Spanier heuer als Außenseiter für den Nobelpreis gehandelt. Zu seinen wichtigsten Romanen zählen außerdem "Morgen in der Schlacht denk an mich" und die Trilogie "Dein Gesicht morgen", die zwischen 2002 und 2007 erschien. Wie Roth zu den großen amerikanischen Romanciers gehört außerdem Cormac McCarthy (geb. 1933), der eine Quote von 40:1 aufwies. Für den postapokalyptischen Roman "The Road" (Die Straße) erhielt er 2007 den Pulitzer-Preis. Erfolgreich verfilmt wurde sein Roman "No Country for Old Men". Aktuell hat er ein Drehbuch geschrieben: "The Counselor" von Ridley Scott kommt Ende Oktober in den USA in die Kinos. (c) AP (DEREK SHAPTON) Mit einer Wettquote von 40:1 wurden der Italienerin Dacia Maraini (geb. 1936) ebenfalls kleine Chancen eingeräumt. Sie gilt als literarische Feministin, was sich auch in den Themen ihrer Bücher widerspiegelt: Sie handeln von Gewalt gegen Frauen, Vergewaltigung, Inzest, Prostitution oder lesbischer Liebe. Die Lebensgefährtin des verstorbenen Alberto Moravia schreibt auch Theaterstücke, Drehbücher und Essays. (c) APA (DPA/Jörg Schmitt) Der Somalier Nuruddin Farah (geb. 1945) kam auf eine Quote von 40:1. Der Sohn einer Dichterin widmet sich besonders der Situation der Frauen im postkolonialen Somalia, seine Werke kreisen häufig um familiäre und soziale Identität und wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Anfang der 70er Jahre verließ Farah sein Geburtsland aus politischen Gründen. Heute lebt er in Südafrika. (c) imago stock&people (imago stock&people) Der indisch-britische Autor Salman Rushdie schreibt Romane mit märchenhaft-magischem Einfluss, etwa "Mitternachtskinder" und "Die satanischen Verse". In letzterem Buch hat ein Protagonist Albträume über Mohammed - der iranische Staatschef Khomeini sprach daraufhin eine Fatwa gegen Rushdie aus. Seine Quote lag bei 40:1. (c) imago stock&people (imago stock&people) Mit ebenfalls 40:1 als mögliche Preisträgerin gehandelt wurde Munros Landsfrau Margaret Atwood (geb. 1939). Sie hat seit 1966 gut 50 Bücher veröffentlicht und sich mit 20 Prosawerken, einem Dutzend Gedichtbänden, Essaysammlungen und Kinderbüchern beharrlich in die Weltliteratur geschrieben. (c) REUTERS (© Mark Blinch / Reuters) Das Spezialfach von Don DeLillo (geb. 1936) ist die Postmoderne. "Weißes Rauschen", für das er den National Book Award gewann, ist neben "Unterwelt" sein wohl meistbeachtetes Werk. In "Falling Man" verarbeitete der Amerikaner den Terroranschlag am 11. September 2001. Sein Roman "Cosmopolis" wurde von David Cronenberg verfilmt. DeLillos Quote lag bei 40:1. (c) imago stock&people (imago stock&people) Auch chancenlose Kandidaten fanden sich auf den Listen der Wettanbieter. 2012 stand "Shades of Grey"-Autorin E.L. James nicht recht hoch im Kurs. Mit einer Quote von 1:100 war Essayist Ulrich Holbein höchstens ein Außenseiterkandidat auf den Nobelpreis. Aber auch als Kandidat für den illustren Preis gehandelt zu werden, darf als Auszeichnung gewertet werden. (c) imago stock&people (imago stock&people) Ko-Favoritin setzt sich durch (APA/dpa)
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