Der Yuan kommt nach Frankfurt

Yuan kommt nach Frankfurt
Yuan kommt nach Frankfurt(c) REUTERS (KIM KYUNG-HOON)
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China und Europa schließen ein bisher nicht da gewesenes Währungsabkommen. Damit emanzipieren sie sich ein weiteres Stück von der bisherigen Weltwährung, dem US-Dollar.

Wien. Die Eurozone und China rücken zusammen: Die Europäische Zentralbank (EZB) und die chinesische Peoples Bank of China (PBoC) haben sich am Donnerstag auf einen Währungstausch (Swap) geeinigt. Ein solcher ermöglicht den Handel zwischen Europa und China unter Umgehung der Weltwährung Dollar – und stärkt somit die Position von Euro und Renminbi im internationalen Handel.

Für die nächsten drei Jahre wird der EZB Zugang zu maximal 350 Mrd. Yuan (42 Mrd. Euro) garantiert – die PBoC erhält im Gegenzug maximal 45 Mrd. Euro von der EZB. Das Abkommen garantiert den Banken in Europa und China (sowie deren Kunden) Zugang zur jeweils anderen Währung. Europa ist Chinas wichtigster Handelspartner – und China Europas zweitwichtigster (nach den USA).

Stärkung für Frankfurt

Das Abkommen ist ein bedeutender Schritt in Richtung eines multipolaren internationalen Währungssystems, in dessen Zentrum nicht mehr der US-Dollar allein steht. China nutzt derartige Swaps seit einiger Zeit intensiv, um die internationale Akzeptanz seiner Währung Renminbi zu stärken (Yuan ist die Einheit, Renminbi der Name der Währung).

Gleichzeitig ist es eine enorme Stärkung für den Finanzplatz Frankfurt, das Zentrum des Eurosystems. In Europa gab es zuletzt ein Wettrennen um das „Yuan-Geschäft“ zwischen London, Frankfurt und Paris. Die bereits etablierte Yuan-Swaplinie mit London ist mit einem Maximalvolumen von 200 Mrd. Yuan deutlich kleiner ausgefallen als die Swaplinie für die EZB. Nur die Zentralbank Südkoreas hat Zugang zu einem größeren Yuan-Volumen als die EZB.

Paris hofft auf ein baldiges eigenes Abkommen – es ist aber davon auszugehen, dass die französische Swaplinie deutlich kleiner ausfallen wird als jene der EZB. In der Praxis sind diese Swaps derzeit ohnehin nur als Sicherheitsnetz zu sehen, hieß es am Donnerstag aus der EZB.

Das Abkommen sei derzeit noch nicht aktiv – aber sollte es zu einer Knappheit an Renminbi-Liquidität auf den Märkten kommen, könne die EZB die europäischen Banken im Notfall versorgen. Die EZB unterhält eine ähnliche Swaplinie mit der Bank of England – musste sie aber noch nie nutzen.

Im internationalen Handel spielt der US-Dollar seit Ende des Zweiten Weltkriegs auf Basis des Systems von Bretton Woods die Rolle der Referenz- und Reservewährung. Dieser Status bröckelt aber seit der Lehman-Krise deutlich. China beobachtet die ultralockere Geldpolitik der Federal Reserve mit Argwohn und hat bereits mehrmals vor den negativen Effekten für den internationalen Status des Dollars gewarnt.

Zumindest auffällige Optik

Peking befürchtet mittelfristig eine Abwertung der eigenen Dollarreserven. China sitzt auf rund drei Billionen US-Dollarreserven – und das nicht ganz freiwillig. Die PBoC tauscht die Dollareinkünfte der chinesischen Exporter in Renminbi – und zwar, damit die eigene Währung nicht zu stark aufwertet – was die Exportindustrie schwächen würde. Diese „überschüssigen“ Dollars landen nicht etwa in Cashform in einem Tresor – sondern werden von Peking in US-Staatsanleihen angelegt.

Dieser Prozess macht Peking zum größten ausländischen Gläubiger Washingtons – wo derzeit ein erbitterter Streit zwischen Demokraten und Republikanern über die Schuldengrenze den Staat lähmt. Vereinfacht gesagt hat die US-Volkswirtschaft also Waren im Wert von rund drei Billionen Dollar „auf Pump“ importiert. Sollte der Dollar durch Inflation massiv abwerten, würden diese Schulden entwertet und real nicht mehr zurückbezahlt werden. Dass mit Janet Yellen eine bekannterweise inflationsfreundliche „Taube“ den Vorsitz der Federal Reserve übernehmen soll, dürfte Chinas Sorgen nicht gemindert haben. Und dass der Euro-Yuan-Swap ausgerechnet einen Tag nach der Yellen-Nominierung angekündigt wird, darf zumindest als auffällige Optik gewertet werden.

Der Dollar ist weiterhin die mit Abstand meistgehandelte Währung der Welt (rund 40 Prozent), der Euro liegt mit rund 17 Prozent auf Platz zwei. Der Yuan ist mit knapp 1,5 Prozent auf Platz acht.

IN KÜRZE

Die EZB und die chinesische Zentralbank haben am Mittwoch einen rund 45 Mrd. Euro großen Währungstausch vereinbart, der den Handel zwischen den beiden Volkswirtschaften erleichtern soll. Der Swap soll den Zugang der europäischen Banken zu Renminbi (Yuan) stärken – und umgekehrt den Zugang der chinesischen Banken zu Euros garantieren. Es ist ein weiterer Schritt weg vom US-Dollar, dessen Status als Weltleitwährung bröckelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2013)

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