Den USA droht Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfaehigkeit
Zahlungsunfaehigkeit(c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
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Die Kongressabgeordnete versuchen, ein paar Wochen Zeit zu gewinnen. Der Finanzminister appellierte an die Republikaner im Abgeordnetenhaus.

Washington. Der amerikanische Finanzminister Jack Lew hat am Donnerstag vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit der USA gewarnt. „Wenn wir beschließen, die einen Rechnungen zu bezahlen, die anderen aber nicht, dann sind wir zahlungsunfähig“, sagte Lew in einer Anhörung vor dem Finanzausschuss des Senats.

Das ist in der Geschichte der Vereinigten Staaten noch nie geschehen. „In 224 Jahren hat kein Kongress unserem Land jemals erlaubt, zahlungsunfähig zu werden, und es ist meine aufrichtige Hoffnung, dass dieser Kongress nicht der erste sein wird“, warnte Lew. „Kein Präsident musste bisher jemals entscheiden, welche Rechnungen er begleicht und welche nicht.“ Er appellierte an die Republikaner im Abgeordnetenhaus, der Anhebung der Schuldendecke zuzustimmen.

Bis 17. Oktober kann Lew die US-Regierung noch mit buchhalterischen Tricks über Wasser halten. So hat Lew zum Beispiel seit Beginn des Shutdown, der zwangsweisen Schließung weiter Teile der Bundesregierung, damit aufgehört, in den Exchange Stabilization Fund zu reinvestieren. Das ist ein Geldtopf, den amerikanische Finanzminister seit 79 Jahren für Interventionen an den Märkten verwenden, um Wechselkursschwankungen zu glätten.

Am 17. Oktober reichen diese Kniffe allerdings nicht mehr aus. Dann wird Lew nur rund 30 Milliarden Dollar (22 Milliarden Euro) Bargeld zur Verfügung haben, um die Arbeitslosenversicherung zu bezahlen, Pensionen, die Zinsen auf Staatsanleihen und jede sonstige Verpflichtung der Regierung.

Weltweite Gefahr

Die Sorge, dass Amerika ein unzuverlässiger Schuldner werden könnte, hat die Finanzmärkte bereits ergriffen. Der Zinssatz auf T-Bills (das sind kurzläufige Schuldverschreibungen der US-Regierung, die wichtig für das Funktionieren der Geldmärkte sind) hat sich binnen einer Woche verdreifacht. Sollte sich diese Entwicklung auf die langfristigen Zinssätze durchschlagen, würde das Schockwellen rund um die Welt schicken. Der Internationale Währungsfonds warnt in seinem am Mittwoch vorgestellten Bericht über die globale Finanzstabilität, dass jeder Anstieg des US-Zinsniveaus um einen Prozentpunkt weltweiten Anleiheninvestoren 2,3 Billionen Dollar Verluste bescheren würde. Das würde Pensionisten und Fondssparer, sprich: normale Bürger in aller Herren Länder, ärmer machen.

Die Lage wird zusätzlich durch den Umstand verschärft, dass das Finanzministerium genau am 17.Oktober – dem Ablauf der geltenden Schuldengrenze von 16,7 Billionen Dollar – neue Anleihen im Umfang von rund 100 Milliarden Dollar begeben muss, um bestehende Schulden in diesem Ausmaß umzuschulden. Einigen sich Kongress und Weißes Haus nicht rechtzeitig darauf, die Schuldengrenze anzuheben, ist zu erwarten, dass die USA eine höhere Verzinsung werden anbieten müssen, um genügend viele Käufer für diese neuen Anleihen zu finden.

John Boehner, der republikanische Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, schlug am Donnerstag vor, die Schuldengrenze vorläufig um sechs Wochen zu erhöhen, um Zeit für weitere Verhandlungen mit Präsident Barack Obama über Steuersenkungen und die von den Republikanern gehasste neue Krankenversicherung zu gewinnen. Obama lehnt das bisher ebenso ab wie die mehrheitsführenden Demokraten im Senat. Ein Treffen von Boehner und einigen Kongress-Republikanern mit Obama zog sich bis in die frühen Morgenstunden des Freitags.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2013)

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