Die linke und die rechte Hand des Bundeskanzlers

Josef Ostermayer
Josef Ostermayerimago/Eibner
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Josef Ostermayer koordiniert die Regierungsgespräche für die SPÖ. Danach wird er wohl Minister.

Wien. Die Person Josef Ostermayer hat viele Facetten, mehr wahrscheinlich, als die meisten seiner Regierungskollegen. Da gibt es den Kunstliebhaber Josef Ostermayer (moderne Kunst, vor allem), den Musikinteressierten (mehr Arcade Fire als Mozart), den Vielleser (mindestens eine halbe Stunde pro Tag), den Familienvater (verheiratet, eine Tochter, ein Sohn) und den Heimwerker (der sein Badezimmer am Wochenende selbst neu verfliest).

Besser bekannt sind der akribische Jurist Ostermayer, der strategische Denker, der interessante Gesprächspartner. Dass er ein geschickter – oder, wie manche meinen, manipulativer – Verhandler ist, lässt sich seit dem Ortstafel-Durchbruch in Kärnten zumindest erahnen. Dass er mit der Macht, die er hat, durchaus etwas anfangen kann, weiß man mittlerweile auch. Obwohl er beteuert, kein Machtmensch zu sein. Wobei: Das sagen sie eigentlich alle.

Diese Vielseitigkeit erklärt auch, warum Ostermayer für Werner Faymann so wichtig ist: Er kann (fast) alles, er kennt sich (fast) überall aus, und er setzt sich in der Regel gegen andere durch. Das macht ihn zur politischen Variable: beliebig einsetzbar.

Ostermayers vordergründige Aufgabe als Staatssekretär für Medienpolitik und Regierungskoordinator der SPÖ ist deshalb eine Job gewordene Untertreibung. Es gab in den vergangenen fünf Jahren wohl kein Regierungsprojekt und keine SPÖ-Initiative, die Ostermayers Tisch nicht passiert hätte. Passieren hätte müssen.

In den Koalitionsgesprächen mit der ÖVP, die nächste Woche beginnen, wird es nicht anders sein. Der 52-Jährige koordiniert die Verhandlungen für seinen Parteichef. Sprich: die Inhalte. Die Termine. Die Taktik. Faymann ist der Außenminister im Kanzleramt, Ostermayer der Innenminister. Faymanns Mann fürs Grobe.

Perfekte Ergänzung

Diese Arbeitsteilung hat sich über Jahrzehnte bewährt. Kennengelernt haben sich die beiden in der Wiener Mietervereinigung: Ostermayer begann im Februar 1987 als Jurist, ein Jahr später stieg Faymann als Geschäftsführer ein. Als Faymann 1994 Wohnbaustadtrat wurde, nahm er Ostermayer mit. Nach einem Intermezzo beim Wiener Wohnfonds kehrte Ostermayer wieder zu Faymann zurück, als dessen Büroleiter im Verkehrsministerium. Im Dezember 2008 übersiedelte man gemeinsam auf den Ballhausplatz.

Der Kanzler und sein engster Mitarbeiter pflegen denselben politischen Stil: freundlich bleiben, Probleme aussitzen und den Boulevard bei Laune halten. Ein Politiker, der die Menschen nicht erreiche, sei ziemlich einsam, sagte Ostermayer einmal. Er ist der Spitzbübischere von beiden.

Politisch sozialisiert wurde er in einer Arbeiterfamilie aus dem burgenländischen Schattendorf, die Teil der SPÖ-Geschichte ist: Der achtjährige Josef Grössing, 1927 von rechten Frontkämpfern erschossen, deren Freispruch später zum Justizpalastbrand führte, war Ostermayers Großonkel.

Der wohl mächtigste Staatssekretär der Zweiten Republik könnte übrigens bald abgelöst werden. Von sich selbst. In der neuen Regierung soll Ostermayer nämlich – nach deutschem Vorbild – zum Kanzleramtsminister aufsteigen. Das kolportierte Aufgabengebiet entspräche seinem Facettenreichtum: Die Medienpolitik bliebe ihm erhalten, hinzu kämen Kunst und Kultur, der öffentliche Dienst und eventuell auch der Sport.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2013)

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