Der Bösewicht und der Killer

Zlatan Ibrahimovic machte letztlich den Unterschied aus. Österreicher zwischen Wut und Trauer. Deutschland, Belgien und die Schweiz in Partylaune.

Er war außer sich, dann fassungslos. Wobei das alles nicht mehr entscheidend war. Zlatan Ibrahimovic hatte seinen Auftritt zu diesem Zeitpunkt schon gehabt. Der Superstar der Schweden hat einen Treffer vorbereitet, das Siegestor selbst erzielt. Er war der Held des Abends. „Er ist absolute Weltklasse und hat uns den Todesstoß versetzt“, sagt Österreichs Teamchef Marcel Koller. Marko Arnautovic hingegen hat sich als doppelter Verlierer gefühlt. Er war in der letzten Minute der regulären Spielzeit vom türkischen Schiedsrichter ausgeschlossen worden – nach einem Disput mit Johan Elmander. „Jetzt heißt es wieder, der böse Arnautovic. Eh klar!“ Dabei hat der Schwede offenbar nur die Schauspielschule besucht.

Der 24-jährige Legionär von Stoke City ist am Dienstag gegen die Färöer gesperrt. Automatisch. Und er bleibt es bis zum nächsten Pflichtspiel. Somit bis zum nächsten Herbst. „Diese Rote Karte war einfach nur lächerlich“, sagt Arnautovic. „Ich habe so viel Wut in mir, ich kann das gar nicht beschreiben. Wenn mir einer auf Video zeigt, dass ich schuld bin, dann beende ich sofort meine Karriere.“

Zum Schluss ist in der ausverkauften Friends-Arena bei den Österreichern vieles falsch gelaufen. „Was in diesem Match passiert ist, das ist abnormal“, meint Arnautovic. „Wir müssen das 2:0 machen – und dann kommen die Schweden auf einmal zurück.“ Wie es dazu kommen konnte, das ist nicht leicht zu analysieren. Teamchef Marcel Koller sieht es so: „Wir sind eben noch nicht so weit. Wir waren nicht mehr kompakt genug, konnten die Bälle nicht mehr halten.“ Dennoch ist der Schweizer stolz auf seine Mannschaft. „Das Ziel aber muss es sein, so eine Leistung über 90 Minuten hinzubekommen.“ Wenn das gelingt, dann ist auch eine WM-Teilnahme keine Illusion mehr. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Ob ihn Koller mitgeht, das ist offen.

Gegen die Färöer verlangt der ÖFB-Teamchef einen versöhnlichen Ausklang der Qualifikation. „Es ist verdammt wichtig, dass sich jeder noch einmal den Arsch aufreißt und Vollgas gibt.“ Umstellungen liegen auf der Hand, Jakob Jantscher und Lukas Hinterseer wurden nachnominiert. Koller: „Wer am Dienstag spielt, das weiß ich selber noch nicht.“

Das Fass ist leer. Ein souveräner 3:0-Erfolg über Irland besiegelte in Köln Deutschlands 18. WM-Teilnahme. Sami Khedira, André Schürrle und Mesut Özil schossen das DFB-Team nach Brasilien und eröffneten die schwarz-rot-goldene Party. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach unterstützte die spontane Feier in der Kabine mit einem kleinen Bierfass. „Das Fässchen Kölsch war so groß wie eine Maß auf der Wies'n“, scherzte Kapitän Philipp Lahm.

Über das Wochenende werden er und seine Teamkollegen aber noch genügend Zeit für ausgiebigeres Zelebrieren haben, denn Joachim Löw gab seinen Spielern frei. „Das haben sie sich verdient“, erklärte der Teamchef, der zum vierten Mal in Folge mit seiner Mannschaft die Qualifikation für ein Großereignis schaffte. „Die Reise, die wir vor 13 Monaten begonnen haben, haben wir jetzt zu Ende gebracht. Ich denke, wir haben gezeigt, dass wir das Maß aller Dinge waren in dieser Gruppe“, sagte Löw. Vor dem abschließenden Gruppenspiel in Schweden am Dienstag hält Deutschland bei acht Siegen und einem Remis sowie einem Torverhältnis von 31:7.

Nicht zuletzt deshalb ist der DFB bemüht, seinen Erfolgstrainer über die WM hinaus zu binden. Zwar wollte sich Löw offiziell noch nicht damit beschäftigen, doch die Weichen für eine Vertragsverlängerung bis 2016 scheinen gestellt. „Wir haben schon Gespräche geführt und die Eckdaten festgesetzt“, sagte Löw. Nach dem für Freitag angesetzten Gespräch wird dann wohl auch Löw-Assistent Hansi Flick als neuer DFB-Sportdirektor präsentiert.

Königlicher Draht. Knapp 200 Kilometer von Köln entfernt stieg weit nach Mitternacht die nächste WM-Party. Unzählige begeisterte Anhänger bereiteten Belgiens Spielern auf dem Brüsseler Flughafen einen frenetischen Empfang. Der höchste Gratulant aber hatte sich bei Teamchef Marc Wilmots schon unmittelbar nach dem 2:1-Sieg in Kroatien gemeldet. „Er hat mir gesagt, dass er stolz auf meine Spieler ist“, berichtete Wilmots über das Telefonat mit Belgiens König Filip. Mit Spaßbrillen und Champagner feierten die belgischen Spieler die erste WM-Teilnahme nach zwölf Jahren, mit der Qualifikation allein aber wollen sie sich nicht zufriedengeben. „Wir haben keine Lust, nach Brasilien zu reisen, um drei Spiele zu machen und zurückzukommen“, sagte Spielmacher Eden Hazard.

Ähnliche Pläne hegt die Schweiz, die sich mit dem 2:1 in Albanien ebenfalls nach Brasilien schoss. „Das ist ein gewaltiges Gefühl“, sagte Xherdan Shaqiri, der in der Heimat seiner Vorfahren das 1:0 erzielt hatte. „Wir haben eine super WM-Qualifikation gespielt und uns das wirklich verdient. Der Hunger auf die WM ist sehr groß.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2013)

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