„Omsch“: Weisheit des Alters, Schmäh der Jugend

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Omsch „Omsch“: Weisheit des Alters, Schmäh der JugendAlters Schmaeh(c) Stadtkino
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„Omsch“ von Edgar Honetschläger: ein schönes Porträt seiner hundertjährigen Nachbarin. Nun im Kino.

„Ein Plädoyer für das hohe Alter“ war der Untertitel, den der heimische Künstler und Filmemacher Edgar Honetschläger für sein Filmporträt „Omsch“ erwog. In Zeiten, in denen das Arthouse-Kino das Alter als Themenfeld entdeckt, weil sein Publikum immer älter wird, hätte das den Film vielleicht erfolgversprechender gemacht. Aber schön an „Omsch“ ist, dass sich sein persönlicher Zugang von handelsüblichen Alters-Plädoyers unterscheidet: weder sentimentales Märchen vom zweiten Frühling noch Leidensweg der Gebrechlichkeit wie Hanekes „Amour“.

Tatsächlich verändert sich – im Gegensatz zum mit ins Bild gerückten Regisseur und Freund – die „Omsch“ im Laufe des Films kaum, obwohl Honetschläger sie neun Jahre lang gefilmt hat: Das Kunstwort des Titels, eine liebevolle Variation von Oma, ist sein Spitzname für Pauline Schürz, seine Nachbarin in der Wiener Neulinggasse 23. Als Honetschläger 1987 einzog, begann eine besondere Beziehung zur der 56 Jahre älteren Frau, 2009 ist sie im Alter von 102 Jahren verstorben: In „Omsch“ verströmt sie die Weisheit einer Hundertjährigen, hat aber immer noch den schnoddrigen Schmäh der Jugend. Ein Großteil von Honetschlägers „Kammerlspiel“ besteht aus die Generationen überbrückenden Konversationen: Da erklärt die Omsch etwa locker, dass die schönsten Jahre ihres Lebens nach dem 80. Geburtstag kamen – auch wenn sie das Schwinden der Kräfte nicht verschweigt.

Irgendwann ist ihr selbst die Straßenüberquerung zu viel – im Gegensatz zu Honetschlägers Lebensweise mit seinen langen Auslandsaufenthalten etwa in Japan, die sie entsprechend bekrittelt. Diese Szenen der Außenwelt, mit schönen Schmalfilmbildern illustriert, zu poetischen Briefwechsel-Kommentaren montiert, kontrastieren mit dem Kammerl daheim. Die dabei nicht ausgesparten Reibungen der einander herzlich zugetanen Hauptfiguren machen den Film erst rund.

Honetschläger filmte sein Videomaterial der Omsch einst ohne konkrete Absicht: Nun hat er es mit anderen Dingen, die für ihn große Bedeutung haben (Morton Feldmans „music for film“, Texte von Fernando Pessoa), zur überzeugenden Komposition verbunden: ein „kleines“ Werk nach seinem ambitionierten Filmgedicht „AUN“, aber als unprätentiöses Vermächtnis der Omsch ein großes. (hub)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

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