Amazon schickt Windeln aus fremdem Lagerhaus

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Symbolbild(c) REUTERS (RICK WILKING)
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Um Logistikkosten zu senken, mietet sich der Onlinehändler gleich bei den Herstellern von Haushalts- oder Toiletteartikeln ein.

Wien. Es ist eine klassische Win-win-Situation: Amazon spart sich die teure Lagerhaltung, der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble den Transport seiner Ware. Denn sobald Kunden bei dem weltgrößten Onlinehändler Windeln, Zahnpasta oder andere Produkte von P  &  G kaufen, werden diese ihnen per Post zugesandt. Abgepackt werden die Waren dabei jedoch nicht mehr in einem von Amazons eigenen Logistikzentren, sondern gleich in den Lagerhäusern des Herstellers direkt neben seinen Werken. Denn dort hat sich Amazon nun „untergemietet“.



In zumindest sieben regionalen Distributionszentren von P  &  G habe Amazon inzwischen einen eigenen Bereich erhalten, schreibt das „Wall Street Journal“. Darunter befänden sich Lager in den USA, in Japan und in Deutschland. Die dort eingesetzten Mitarbeiter werden von Amazon eingestellt und bezahlt. Eingespart wird jedoch die eigene Halle sowie der Transport zwischen dem Lager von P  &  G und einem von Amazon.

Mit dieser Methode will Amazon die Logistikkosten auf das absolute Mindestmaß reduzieren – ein entscheidender Schritt, um im Markt mit einfachen Konsumgütern reüssieren zu können. Denn bislang sorgten die hohen Ausgaben für Lagerung und Transport dafür, dass der Onlinehandel bei Haushaltsgütern in den USA lediglich zwei Prozent des gesamten mit diesen Waren erzielten Umsatzes ausmacht. Insgesamt liegt dieser Prozentsatz im Handel indes bei sechs Prozent (USA), in Österreich werden sogar bereits neun Prozent aller Handelsumsätze im Internet erzielt.

Umsätze in Milliardenhöhe

Laut Marktforschern würde bereits ein Anstieg des US-Onlineumsatzes mit Windeln und Seifen um ebendiese vier Prozentpunkte Differenz zum gesamten Handel für Amazon einen zusätzlichen jährlichen Umsatz von zehn Mrd. Dollar bedeuten. Dies wäre ein Sechstel des derzeitigen Amazon-Jahresumsatzes von zuletzt 61 Mrd. Dollar (45,2 Mrd. Euro).

Kein Wunder also, dass der Onlineriese bereits seit Längerem alles daransetzt, um seine Präsenz auf dem Sektor zu vertiefen. So erwarb Amazon vor drei Jahren bereits um eine halbe Milliarde Dollar den erst fünf Jahre alten Onlinehändler Quidsi, der sich mit seinen beiden Töchtern diapers.com und soap.com zum damals erfolgreichsten Internethändler für Haushaltsartikel und Windeln gemausert hatte. Entscheidender Vorteil von Quidsi: Die Firma hatte die Logistik perfektioniert, um trotz der schwachen Margen profitabel werden zu können.

Doch nicht nur Amazon erwartet sich durch die neue Kooperation Vorteile. Hersteller wie P  &  G erhalten durch den neuen Vertriebsweg eine Alternative zu den großen Handelsketten, die den Produzenten oft ihre Regeln diktieren können. Hinzu kommt, dass sie über den Vertriebskanal Amazon bei manchen Kunden eine Quasi-Monopolstellung einnehmen können. So bietet ihnen der Onlinehändler bei verbrauchbaren Produkten – etwa Windeln – Rabatte an, wenn sie ein sogenanntes Sparabo abschließen. In diesem Fall werden die Waren in regelmäßigen, vorher definierten Abständen automatisch an den Kunden versandt. Dies macht einen Wechsel des Produktes relativ unwahrscheinlich.  (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

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