50.000 Euro, um einen Adventkranz aufzuhängen

"Protzbischof" Tebartz-van Elst wartet in Rom auf sein "Urteil". Genügt es, ihn zu beseitigen? Franziskus dürfte das anders sehen.

Er wirkt ausgezehrt und innerlich ausgelöscht. So wie Menschen häufig aussehen, wenn die Welt über sie herfällt bzw. das, was als Welt wahrgenommen wird. Das kann nicht einmal einen Geistlichen kaltlassen, zumal, wenn ihm das Repräsentieren offenbar viel bedeutet. Franz-Peter Tebartz-van Elst, das weiß jetzt jeder, ist der deutsche „Protzbischof“.

Muss eine Adventkranzaufhängung zwischen 50.000 und 100.000 Euro kosten? Die Schreinerarbeit für die Bischofswohnung 350.000 Euro? Eine frei stehende Badewanne 15.000 Euro? Muss man Sicherheitsglas extra aus Washington einfliegen, weil einem das deutsche Glas nicht verlässlich genug erscheint?

Tebartz hat bei der Erneuerung des Limburger Bischofssitzes offenbar keine Kosten gescheut. Dabei ist der Gebäudekomplex, in dem die Bischofswohnung nur ein kleiner Teil ist, nicht luxuriös im üblichen Sinn. Er ist in seiner Mischung aus Sanierung und Neubau ein architektonisches Vorzeigeprojekt („die Limburger werden ihm eines Tages dankbar sein“, schreibt der nicht als Bischofsverteidiger verdächtige Jakob Augstein im „Spiegel“). Und er hat jene schlichte Vornehmheit, die oft am teuersten ist.

Da ist die alte Vorstellung, dass Kirche äußerlich edel auftreten müsse, offenbar auf totale Überforderung in der Praxis gestoßen, auf das Gefühl, niemandem Rechenschaft zu schulden, und auf Feigheit. Denn der heute 54-Jährige hat offenbar versucht, die Kosten zu verheimlichen.

Nun ist der Bischof nach Rom gereist, mit dem Billigflieger Ryan Air. Seine Affäre ist längst eine Kirchen-, ja Staatsaffäre geworden, sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel wünscht sich „eine Lösung für das Vertrauen der Menschen in ihre Kirche“ – im Klartext: Der Bischof soll gehen. Und das wird er wohl auch, wenn der Papst es ihm nahelegt.

Wie Franziskus ihn wohl empfangen wird? Dieser Mann, der lieber in zwei Zimmern im Gästehaus als im Apostolischen Palast wohnt und sagt: „Mir geht es schlecht, wenn ich einen Priester mit dem neuesten Modell eines Autos sehe“?

Der 54-Jährige hat genau den Fehler gemacht, den Papst Franziskus der Kirche mit seinem „Geist von Lampedusa“ austreiben will. Aber er ist nicht der Luxusteufel, auf den man nun alles abschieben kann, da müssen auch andere Beteiligte und Berater versagt haben. Und sein Beispiel ist extrem, aber auch andere Bischöfe residieren im wahrsten Sinn des Wortes. Und wer weiß, ob der ganze Fall ein Skandal geworden wäre, hätte der Bischof erstens geschickter kommuniziert (Denkmalschutz, historische Bausubstanz etc.) und wäre zweitens die Kostenfrage nicht die ersehnte Waffe in einem kirchenpolitischen Kampf gewesen. Denn der konservative Tebartz-van Elst war im progressiv bestimmten Bistum von Anfang an höchst unbeliebt.

Sein Fall zeigt, wie selbstherrlich ein Kirchenfürst finanziell heute noch agieren kann (zumindest eine Zeitlang), wie intransparent und undemokratisch die Strukturen nach wie vor sind. Solange die Kritik auf seine Person reduziert bleibt, wird sich daran auch nichts ändern. Aber Papst Franziskus könnte dafür sorgen, dass das nicht so bleibt.

anne-catherine.simon@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

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