Atomstreit: Meint der Iran es diesmal ernst?

Atomstreit Meint Iran diesmal
Atomstreit Meint Iran diesmal(c) EPA (FABRICE COFFRINI / POOL)
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Teherans Emissäre legten in Genf eine Powerpoint-Präsentation zur Beilegung des Konflikts vor. Die Vorschläge seien "sehr nützlich". hieß es seitens der Europäischen Union.

Wien/Genf. Jahrelang hatten die Gespräche gestockt, wurden Verhandlungen geführt, bei denen beiden Seiten von vornherein klar war, dass sie zu keinem echten Ergebnis führen werden. Seit gestern Dienstag ist das anders: Bei den Atomgesprächen in Genf legte der Iran Vorschläge vor, die offenbar zum ersten Mal seit Langem von internationalen Diplomaten als ernsthaft eingestuft werden.

Was Irans Emissäre in ihrer einstündigen Powerpoint-Präsentation im Detail anboten, drang nicht aus den streng abgeschirmten Verhandlungsräumen des Genfer UN-Sitzes an die Öffentlichkeit, es solle vorerst geheim bleiben, hieß es. Fest steht, dass Teheran einen dreistufigen Zeitplan vorstellte, mit dem der Streit um Irans Atomprogramm innerhalb eines Jahres beendet werden soll. Fest steht auch, dass die internationalen Verhandler recht positiv darauf reagierten: Der Sprecher der EU-Außenpolitikbeauftragten Catherine Ashton, die das Meeting leitet, bezeichnete die Vorschläge als „sehr nützlich".

Eine Vertreterin des US-Außenministeriums gab in einer Verhandlungspause gar bekannt, dass die Vereinigten Staaten zu einem weiteren bilateralen Treffen mit dem Iran am Rand der Genfer Gespräche bereit seien.
Freilich deutete Irans Unterhändler, Vizeaußenminister Abbas Araqchi, an, dass der Iran weiter nicht bereit sei, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag anzuwenden: Dieses würde unangekündigte Inspektionen von Atomanlagen durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ermöglichen und wäre eine vertrauensbildende Maßnahme. „Wir glauben, unsere Vorschläge haben das Potenzial für einen Durchbruch", sagte Araqchi dennoch zu Journalisten. Die Ideen seien von den anderen Teams „positiv" aufgenommen worden.

Sanfte Töne aus Teheran

Bis heute Mittwoch soll die Gesprächsrunde dauern. Die Iraner diskutieren dabei mit Vertretern der UN-Vetomächte (USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich), Deutschlands und der EU. Teheran beharrt seit Jahren darauf, dass sein Atomprogramm friedlichen Zwecken diene. Die USA, Israel und einige europäischen Staaten vermuten aber, dass der Iran versucht, Nuklearwaffen zu bauen. Sie fordern von Teheran, das Atomprogramm so abzuspecken, zu modifizieren und offenzulegen, dass ein Bau von Atombomben keinesfalls mehr möglich wäre. Der Iran zeigt sich zwar grundsätzlich dazu bereit. Darüber, wie das genau geschehen soll, herrscht aber keine Einigkeit.

Wegen des Atomstreits wurde der Iran mit UN-Sanktionen belegt. Die Strafmaßnahmen haben mittlerweile massive Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes. Irans neuer Präsident Hassan Rohani versprach deshalb bereits im Wahlkampf den Iranern, das Land mit den USA zu versöhnen und für die Aufhebung der Sanktionen zu sorgen.

Seit ihrem Amtsantritt sandten Rohani und Außenminister Mohammad Javad Zarif sanfte Töne in Richtung USA, Europa und sogar Israel aus. Zarif traf US-Außenminister John Kerry. Rohani telefonierte mit Barack Obama - das erste Gespräch zwischen einem iranischen und einem US-Präsidenten seit dem Umsturz im Iran 1979. Das Tauwetter mit Teheran war auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Atomgespräche wieder in Gang kommen konnten.

Israel warnt internationale Verhandler

Bisher wurde unter anderem darüber gestritten, ob der Iran sein Uran selbst anreichern darf oder das im Ausland geschehen muss. Laut „Wall Street Journal" erwägen die USA dem Iran zuzugestehen, Anreicherungsanlagen im Inland zu betreiben. Israel und Saudiarabien, Irans Rivale am Golf, seien aber dagegen, so die Zeitung. Der Iran reichert derzeit Uran auf rund 20 Prozent an. Für eine Bombe benötigt man viel höher angereichertes Uran (mehr als 90 Prozent), für ein Atomkraftwerk genügen drei bis fünf Prozent.

Israels Premier Benjamin Netanjahu warnte am Dienstag die Verhandler, Teheran zu weit entgegenzukommen. Ein Abkommen müsse die „völlige Auflösung des militärischen Atomprogramms" sicherstellen.

(Reuters, APA, red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

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