Parlament: Lindner, jetzt offiziell parteilos

Monika Lindner, Ex-Chefin des ORF und künftig wilde Abgeordnete im Nationalrat.
Monika Lindner, Ex-Chefin des ORF und künftig wilde Abgeordnete im Nationalrat.(c) APA (BARBARA GINDL)
  • Drucken

Lange machte die Ex-ORF-Chefin kein Hehl aus ihrer Nähe zur ÖVP. Dann überraschte sie mit ihrer Kandidatur für Stronach. Bald sitzt sie als "Wilde" im Parlament.

Wien. „Ich gehöre zur Kategorie Schlachtross: Die Hörner erschallen, ich setze mich in Bewegung. Ein Leben bestehend aus Freizeit kann ich mir nicht vorstellen.“ Gesagt hat das Monika Lindner bereits im Jahr 2009. Aber nie traf es besser zu als heute: Denn die ehemalige ORF-Generaldirektorin denkt nicht daran, in den Ruhestand zu gehen. Zumindest nicht in den nächsten fünf Jahren. So lange wird Monika Lindner planmäßig als sogenannte wilde Abgeordnete arbeiten, nachdem sie dem Team Stronach den Rücken zugekehrt hat.

In der Partei Frank Stronachs herrscht Ratlosigkeit: „Ich verstehe ihre Vorgangsweise nicht. Dafür habe ich wirklich kein Verständnis“, sagt Klubobfrau Kathrin Nachbaur. Sie habe Lindner eingeladen, das Mandat für das Team Stronach anzunehmen, obwohl Lindner beim Wahlkampf nicht mitgeholfen hätte. Via Mail habe sie schließlich von Lindner erfahren, dass sie als Parteilose ins Parlament einziehen werde. „Sie hat gemeint, sie will einen wesentlichen Beitrag zur Demokratie leisten“, meint Nachbaur weiter. Allerdings nicht im Team Stronach. Weitere Erklärungen habe sie nicht. „Ich finde das zutiefst unfair.“

Lindner bekomme für die ASVG-Rente und die ORF-Zusatzpension rund 10.000 Euro im Monat. Auf diese solle sie nun verzichten. „Etwas Bescheidenheit wäre angemessen und ein schöner Zug“, so Nachbaur. Das Team Stronach verliert mit Lindner selbst nicht nur ein Mandat, sondern auch 46.000 Euro Förderung im Jahr.

Und auch die Volkspartei ist nun bemüht, Abstand zur einst ÖVP-nahen ORF-Chefin zu wahren. Laut Klubobmann Karlheinz Kopf hat die Partei „null Kontakt“ zu ihr. „Wir werden ihn auch nicht suchen.“ Damit will man Gerüchte umgehen, dass Lindner in den schwarzen Klub wechseln könnte. Sie hatte lange eine tiefe Freundschaft zu schwarzen Granden gepflegt: Vor knapp zehn Jahren, zu ihrem 60.Geburtstag, hatte ihr etwa der damalige Raiffeisen-Boss, Christian Konrad, ein Fest im Uniqa-Tower geschmissen. Mit Niederösterreichs Landeshauptmann, Erwin Pröll (ÖVP), feierte sie am Wiener Opernball. Jetzt, ein Jahr vor ihrem 70er, sind die beiden ehemaligen Vertrauten weniger gut auf sie zu sprechen.

„Kann Mandat nicht annehmen“

Anfang des Sommers hatte Lindner die beiden mit ihrer Ansage überrascht, für das Team Stronach kandidieren zu wollen. Ausgerechnet für die Partei jenes Mannes, der in Niederösterreich Pröll den Kampf angesagt hatte. Dann meldete sich auch noch der damalige Klubobmann, Robert Lugar, zu Wort: Man wolle Lindner als „Speerspitze“ gegen das System ORF, Raiffeisen und Pröll einsetzen. Das ging Lindner zu weit, sie wollte sich von der Liste streichen lassen. Die lag allerdings schon im Innenministerium auf, ändern konnte man sie nicht mehr. „Ich kann ein Mandat, sollte es dazu kommen, unter diesen Voraussetzungen nicht annehmen“, meinte Lindner darauf. Dann tauchte sie unter. Bis zu diesem Montagabend – als sie die nächste Überraschung verkündete.

Mit Kritik hat Lindner allerdings umzugehen gelernt. Ihr schroffer Führungsstil im ORF war immer wieder ein Thema. Die gebürtige Tirolerin arbeitete lange selbst als Journalistin, moderierte „Wir“, baute „Willkommen Österreich“ auf, wurde Pressesprecherin, schließlich Generaldirektorin. Nach ihrer Abwahl wechselte sie zur Raiffeisen-Medientochter Medicur. Später war sie im Außenwerbeunternehmen Epamedia tätig. Auch diese Zusammenarbeit ist beendet. Lindner hätte also tatsächlich einiges an Freizeit gehabt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Waehler wollen mehr Plebiszite
Innenpolitik

Wähler wollen mehr Plebiszite

Ex-ORF-Generalsekretär Bergmann rät Monika Lindner, Gage zu spenden. Das Listenwahlrecht gerät weiter in Diskussion.
LindnerMandat Bergmann raet Linder
Politik

"Lindner soll ihr Abgeordnetengehalt spenden"

Der einstige ORF-Generalsekretär Kurt Bergmann rät der Medien-Lady, ihr Mandat anzunehmen. Das Geld könnte sie an "Licht ins Dunkel" weitergeben.
Lindner, Olah, Königshofer

Die ''Wilden'' im Parlament

Kommentare

Frau Lindner trotzt dem Wählerwillen

Monika Lindner - das beste Argument für eine Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts.
Monika Lindner Wechsel oeVP
Politik

Monika Lindner: Wechsel zu ÖVP "schließe ich aus"

Die frühere ORF-Generaldirektorin zieht als "wilde" Abgeordnete ins Parlament ein. Auf ihr Gehalt will sie trotz "finanzieller Unabhängigkeit" nicht verzichten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.