Erben fordern Klimts "Beethovenfries" zurück

Erben fordern Klimts Beethovenfries
Erben fordern Klimts Beethovenfries(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die Sammlerfamilie Lederer hat einen Antrag auf Restitution eingebracht und legt zwei neue Rechtsgutachten vor. Die Secession geht davon aus, das Kunstwerk rechtmäßig erworben zu haben.

Gustav Klimts "Beethovenfries" gehört zu den bekanntesten Werken des vielreproduzierten Künstlers. Österreich muss den Fries möglicherweise an die Erben der österreichisch-jüdischen Sammlerfamilie Lederer zurückgeben. Diese haben beim österreichischen Kulturministerium einen Antrag auf Restitution eingebracht. Einen entsprechenden Bericht der "New York Times" bestätigte Mittwochfrüh Marc Weber, der Rechtsvertreter des in der Schweiz ansässigen Teils der Erbengemeinschaft. Nicht nur dieser, sondern auch die weiteren Erben der Familie betreiben die Restitution des Kunstwerks, so der Wiener Anwalt Alfred Noll Mittwochnachmittag. Er vertrete die Mehrheit der Erben - und werde seinen Antrag, zu dem unter anderem ein Gutachten der Provenienzforscherin Sophie Lillie vorliege, ebenfalls noch im Herbst mit dem neu zu ernennenden zuständigen Minister besprechen. Die Nachkommen der Wiener Industriellen- und Sammlerfamilie Lederer leben heute über mehrere Länder verteilt. Über die Ansprüche an dem Erbe herrsche allerdings keine Uneinigkeit, hieß es.

Der Wandfries ist ein Hauptwerk des Wiener Jugendstil. 1902 wurde es in der Secession erstmals gezeigt, wo es nach einer wechselvollen Aufbewahrungsgeschichte heute in einem eigens dafür geschaffenen Raum zu sehen ist. 

Gustav Klimt gestaltete den monumentalen Fries für die XIV. Ausstellung der österreichischen Künstlervereinigung Secession, die vom 15. April bis 27. Juni 1902 stattfand und als Hommage an den Komponisten Ludwig van Beethoven gedacht war.

Familie Lederer hatte größte Klimt-Sammlung

Über Vermittlung von Egon Schiele verkaufte Klimt den Fries danach weiter an die jüdische Familie Lederer. Deren Kunstsammlung ist als wichtigste und größte private Sammlung von Werken Gustav Klimts in die Kunstgeschichte eingegangen - der Künstler ging bei der Familie auch ein und aus. Sammlerin Serena Lederer musste nach dem "Anschluss" nach Ungarn emigrieren, wo sie 1943 starb.

Gustav Klimt ''Beethovenfries''
Gustav Klimt ''Beethovenfries''(c) REUTERS (� Herwig Prammer / Reuters)
Restitution von Kunstwerken
Restitution von Kunstwerken (c) APA

Nach dem Krieg wurde ein Ausfuhrverbot über den Fries verhängt.

Serena Lederers Sohn Erich "wurden nach dem Krieg als Gegenleistung für Ausfuhrgenehmigungen der um die meisten ihrer wertvollsten Stücken beraubten Sammlung mehrere - überaus bedeutende - Widmungen abgepresst", schreibt die Restitutionsforscherin Sophie Lillie in ihrem "Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen".

Erich Lederers Vorschlag, den "Beethovenfries" unter Verzicht auf alle anderen Stücke ausführen zu dürfen wurde vom Bundesdenkmalamt abgelehnt. Auch sein Wunsch, den Fries im Foyer der Wiener Staatsoper aufzustellen, bleib unerfüllt.

Österreich zahlte Hälfte des Schätzpreises

Die Republik Österreich kaufte das Kunstwerk 1973. Der "New York Times" zufolge hatte Österreich 750.000 Dollar für den Fries gezahlt, der Hälfte des damals vom Auktionshaus Christie's geschätzten Preises.

Laut zwei unabhängigen Rechtsgutachten lägen nach einer Novelle des österreichischen Kunstrückgabegesetzes 2009 "nunmehr alle Voraussetzungen vor, um den 'Beethovenfries' zurückzugeben", so Weber.

Restitution auch nach Verkauf möglich

Mit der Novelle des Restitutionsgesetzes im Jahr 2009 können auch solche Kunstwerke zurückgegeben werden, die Österreich den ursprünglichen Besitzern abgekauft hat. Die Höhe des Kaufpreises spielt dabei keine Rolle - sondern nur, ob es sich um eines der in den Nachkriegsjahren üblichen Gegengeschäfte mit einer Ausfuhrgenehmigung für andere zurückgegebene Kunstwerke handelte.

"Nach der jetzigen Gesetzesfassung ist es möglich, Kunstwerke zu restituieren, die im Zusammenhang mit einem Verfahren nach dem Ausfuhrverbotsgesetz - egal zu welchem Preis - an den Staat verkauft wurden. Genau das war beim 'Beethovenfries' der Fall. Österreich kann damit nach einem dreiviertel Jahrhundert ein immer noch bestehendes Unrecht endgültig beseitigen", argumentiert Weber.

Secession: "Gehen von rechtmäßigem Erwerb aus"

In der Secession selbst sieht man keinen Grund zur Restitution: Der "Beethovenfries" befindee sich hier "an jenem Ort, für den er ursprünglich geschaffen wurde. Er steht im Eigentum der Republik Österreich und die Secession geht davon aus, dass diese es rechtmäßig erworben hat", heißt es in einem der APA übermittelten Statement. Weiters verweist man darauf, dass das Werk nach dem Ankauf durch die Republik Österreich "restauriert und unter Obhut des Bundesdenkmalamtes 1985 in der Secession dauerhaft installiert" wurde. Der im Souterrain eigens eingerichtete Raum erfülle "die klimatischen und konservatorischen Bedingungen für seine permanente Präsentation im historischen Kontext".

Im Belvedere, zu dessen Bestand der Fries seit dem Ankauf durch die Republik gezählt wird, wollte Direktorin Agnes Husslein-Arco den Restitutionsantrag nicht kommentieren. Im Kulturministerium verwies man auf das nun folgende Verfahren, bei dem die Kommission für Provenienzforschung ein Dossier zusammenstelle, mit dem sich anschließend der Restitutionsbeirat befasse. Dieser gibt daraufhin eine Empfehlung für den Minister/die Ministerin ab. Es werde auch in diesem prominenten Fall kein beschleunigtes Verfahren geben.

Am Donnerstag kommen weitere Details

Am Donnerstag sollen im Rahmen einer Pressekonferenz um 10.30 Uhr im Wiener Café Landtmann weitere Details der Restitutionsforderung bekannt gegeben werden.

Geschichte

Die langen Odyssee von Klimts Beethoven-Fries

1902 Gustav Klimt fertigt den Fries für die XIV. Ausstellung in der Secession an. 1903Die Wandmalerei bleibt bis zum Jahr darauf in der Secession, bis der Industrielle Carl Reininghaus sie kauft und samt Unterbau von den Wänden nehmen lässt. 1915 Reininghaus verkauft den Fries an die Industriellenfamilie Lederer, die damit der Österreichischen Galerie zuvorkommt. 1936 In der Zwischenkriegszeit werden Teile des Beethovenfrieses in der Secession ausgestellt. 1939 Nach der Arisierung der Familie Lederer durch die Nazis wird der Beethoven-Fries im Depot einer Wiener Speditionsfirma verwahrt. 1943Teile des Werks werden in der Secession gezeigt und dann wegen Beschädigungsgefahr von Wien nach Schloss Thürntal in Niederösterreich gebracht. 1945 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs geht der Fries wieder an die Lederers über, die in Genf wohnen. Der österreichische Staat verhängt aber ein Ausfuhrverbot. 1956 Der Beethoven-Fries wird von Schloss Thürntal nach Stift Altenburg gebracht. 1961 Die Wandmalerei kommt ins Depot der Österreichischen Galerie in den ehemaligen Pferdestallungen des Belvedere. 1973 Die Republik erwirbt das Werk von Erich Lederer für 15 Millionen Schilling. 1974 Die Restaurierung durch das Bundesdenkmalamt beginnt. 1985 Die Restaurierung des Beethoven-Frieses wird Ende Jänner abgeschlossen. Nach der Schau "Traum und Wirklichkeit" im Wiener Künstlerhaus kehrt der Fries in einen von Adolf Krischanitz eigens geschaffenen Raum in die Secession zurück. 2009 Umfangreiche Untersuchungen zum Erhaltungszustand des Beethoven- Frieses laufen an..

(APA/Red.)

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