Erben fordern Rückgabe des Beethovenfrieses

Erben fordern Rueckgabe Beethovenfrieses
Erben fordern Rueckgabe Beethovenfrieses(c) EPA (ROLAND SCHLAGER)
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Klimts Bilderfries, 1939 vom NS-Regime geraubt, wurde 1945 zurückgegeben, aber mit Ausfuhrverbot belegt, 1973 kaufte ihn die Republik Österreich. Nun stellten die Erben einen Antrag auf Rückerstattung.

Es lägen „nunmehr alle Voraussetzungen vor, um den Beethovenfries zurückzugeben“: Das sagt Marc Weber, Rechtsvertreter der in der Schweiz lebenden Erben der österreichisch-jüdischen Familie Lederer. Sie haben am Dienstag einen Antrag auf Restitution des Bilderfrieses von Gustav Klimt beim Kulturministerium eingebracht. „Österreich kann damit nach einem Dreivierteljahrhundert ein immer noch bestehendes Unrecht endgültig beseitigen“, meint Weber. Auch die weiteren, über die ganze Welt verstreuten Erben der Familie betreiben die Restitution des Frieses, erklärte gestern der Wiener Anwalt Alfred Noll, er werde seinen Antrag ebenfalls noch im Herbst mit dem neuen Minister besprechen.
Die Kunstsammlung der Familie Lederer, darunter der Beethovenfries, war 1939 von den Nazis enteignet worden, 1973 kaufte ihn die Republik Österreich dem Erben Erich Lederer ab – allerdings nach einer langen, heiklen Vorgeschichte.

Dass der Fries – von Klimt eigentlich als temporäres Werk gedacht – überhaupt eine Geschichte hat, ist dem Sammler Carl Reininghaus zu verdanken: Er ließ ihn samt Unterbau von den Wänden der Secession nehmen. 1915 verkaufte er ihn an den größten privaten Klimt-Sammler, die Industriellenfamilie Lederer.

Serena Lederer, Frau des Industriellen August Lederer, war mit Klimt befreundet, sie kannte auch Schiele gut, ihr Sohn Erich nahm bei ihm Zeichenunterricht. 1939 wurde diese Familie wie so viele jüdische Familien in Österreich von der NS-Diktatur ihres Eigentums beraubt. Teile der von den Nazis „arisierten“ Sammlung lagerten im Krieg im niederösterreichische Schloss Immendorf, das 1944 von abziehenden SS-Einheiten in Brand gesteckt wurde – u. a. verbrannten dort zehn Hauptwerke Klimts aus dem Lederer-Besitz.

„Seit fast einem Menschenalter“


Der Beethovenfries dagegen befand sich auf Schloss Thürntal, 1945 wurde er an Erich Lederer zurückgegeben – allerdings nur auf dem Papier. Das Bundesdenkmalamt verhängte ein Ausfuhrverbot. Um wenigstens einige andere Werke der Kunstsammlung ausführen zu können, musste Lederer der Republik zahlreiche Werke schenken. Diese Werke wurden 1999 an die Erben zurückgegeben.
Der Fries wurde 1956 auf Betreiben von Lederer nach Stift Altenburg gebracht und kam 1961 ins Depot der Österreichischen Galerie. 1970 beklagte sich Lederer brieflich darüber, dass der Fries nicht ausgestellt werde: „Seit 24 Jahren will Österreich ihn erwerben, fast ein Menschenalter, und ausführen darf ich ihn nicht! Ich wäre sehr froh, wenn man mir endlich den nicht ausführbaren Fries abkaufen würde.“

Das Auktionshaus Christie's schätzte den Fries 1970 auf einen Wert von 25 Millionen Schilling, 1973 kaufte ihn die Republik von Lederer um 15 Millionen Schilling. Von 1974 bis 1985 wurde er in den Werkstätten des Bundesdenkmalamts im Arsenal restauriert, in der Ausstellung „Traum und Wirklichkeit“ dann erstmals wieder im Künstlerhaus ausgestellt. Eine Diskussion entbrannte, wo er schließlich landen sollte, Kreisky sah ihn in der UNO-City, andere im geplanten Museumsquartier. Der damalige Vorstand der Secession (Präsident Edelbert Köb) aber schritt zur Tat und baute ohne Zusage einen Raum im Kellergeschoß – worauf u. a. Bürgermeister Zilk und Wissenschaftsminister Heinz Fischer für die Secession entschieden. Der Fries kam als Leihgabe des Belvedere 1986 an den Ort seines Entstehens zurück. Im selben Jahr starb Erich Lederer in Genf.

Schon 1999 befasste sich der Kunstrückgabebeirat mit dem Beethovenfries. Er befand, dass der Verkauf mit dem „vollen Einverständnis der Familie Lederer“ stattgefunden habe; es sei ein „angemessener Preis“ bezahlt worden. Der Beirat nannte damals noch ein Argument: Elisabeth Lederer hatte der Albertina 1985 14 Studien Klimts zum Beethovenfries geschenkt; das lege „volles Einverständnis“ der Familie mit dem Kaufvertrag von 1973 nahe.

Inzwischen hat sich jedenfalls die Rechtslage geändert: 2009 wurde das Restitutionsgesetz novelliert. Seither können auch Kunstwerke zurückgegeben werden, die Österreich den ursprünglichen Besitzern bzw. ihren Erben abgekauft hat, egal, zu welchem Preis. Es muss nur ein Zusammenhang mit einem Verfahren zur Genehmigung der Ausfuhr der Kunstwerken bestehen. Es habe bereits einige Fälle geben, so Eva Blimlinger, wissenschaftliche Koordinatorin der Kommission für Provenienzforschung, bei denen diese neuen Bestimmungen angewendet wurden, „aber auch solche, bei denen der Beirat dennoch negativ beschieden hat“. Die Kommission werde das neue Material zusammentragen, mit einem Ergebnis der Untersuchung sei allerdings nicht vor Sommer nächsten Jahres zu rechnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

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