Österreich: Land der Sparefrohs

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Trotz niedriger Zinsen und höherer Inflation legen die Österreicher ihr Geld vor allem auf Sparbücher. Ein Drittel kennt aber den Zinssatz gar nicht.

Wien. 200 Mrd. Euro haben die Österreicher auf Sparbüchern liegen – und trotz extrem niedriger Zinsen bei gleichzeitig höherer Inflation bunkern die meisten ihr Geld fleißig weiter – großteils wieder auf Sparbüchern. Oberstes Gebot ist nämlich die Sicherheit. Dafür opfern, wie aus einer am Mittwoch präsentierten Imas-Studie im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen hervorgeht, die Österreicher auch einen Teil ihres Ersparten.

Diese Verluste – Erste-Privat- und Firmenkundenvorstand Peter Bosek spricht offen von „Enteignung“ – sind gar nicht so gering: Die kalte Progression frisst im Jahr rund 3,5 Milliarden Euro der Sparguthaben, schätzt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Das Institut hat laut „Salzburger Nachrichten“ erstmals ermittelt, wie hoch die inflationsbedingten Verluste hierzulande sind. Deutsche Sparer verlieren durch die Differenz zwischen Zinsen und Inflation jährlich gut zehn Mrd. Euro, weltweit schätzt die DekaBank den Verlust auf 100 Mrd. Euro.

Sparquote
Sparquote(C) DiePresse

Notgroschen ist wichtig

Von dieser Entwicklung, die sich laut Bosek auch in den nächsten ein, zwei Jahren nicht ändern dürfte, lassen sich die Menschen aber nicht abschrecken. Der Notgroschen ist für 89Prozent immer noch sehr wichtig. Gut die Hälfte der Befragten legt Geld für größere Anschaffungen wie Wohnung oder Auto beiseite. Pro Monat werden durchschnittlich 181 Euro auf die hohe Kante gelegt – im Vorjahr waren es nur 170 Euro, im Jahr 2006 erst 132 Euro.

Allerdings ist die Sparquote bei einem historischen Tief von 5,2 Prozent angelangt. Das ist laut Bosek aber nur auf den ersten Blick ein Widerspruch: Denn die Einkommen wachsen hierzulande stärker als die Sparleistung. Und die Sparquote misst den Anteil der Ersparnisse am verfügbaren Einkommen der Haushalte.

Dennoch: Die Skepsis wächst. Nur noch 72Prozent der Befragten ist es „wichtig, Geld beiseitezulegen“. 2009 antworteten noch etwa 80Prozent so. Und nur noch 47 Prozent der Befragten sind derzeit mit ihrer Sparleistung zufrieden – vor drei Jahren waren es noch 57 Prozent. Außerdem ist die Inflation für 72Prozent in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Angesichts der anhaltend schwachen Konjunktur steigt aber auch die Angst, dass man sich gar nicht mehr leisten kann zu sparen – hatten 2010 rund 28 Prozent der Menschen diese Befürchtung, sind es jetzt schon 36Prozent.

Apropos niedrige Zinsen: Die Studie vermittelt auch den Eindruck, dass hierzulande ein wenig eine Vogel-Strauß-Mentalität vorherrscht: Denn trotz niedriger Zinsen ist das Sparbuch mit 81Prozent nach wie vor die mit Abstand wichtigste Sparform. Wobei nur jeder Zweite über seinen Zinssatz Bescheid weiß. Ein Drittel hat gar keine Ahnung. Bei Zinsen von 0,375Prozent auf zwölf Monate sei das ohnedies fast nicht mehr ersichtlich, konnte sich Erste-Vorstand Bosek einen gewissen Zynismus nicht verkneifen. Werte wie Sicherheit (70Prozent) und schnelle Verfügbarkeit (60Prozent) zählen mehr.

Ein Viertel hat Wertpapiere

Auch die zweitbeliebteste Sparform zeugt von konservativem Anlageverhalten: Der Anteil der Bausparer ist seit 2010 von 58 auf 66Prozent gestiegen. Rund jeder Vierte zahlt in die staatlich geförderte Pensionsvorsorge ein. Auf Wertpapiere und Fonds setzt ebenfalls rund ein Viertel.

Und das Rezept der Banker? In solchen globalen Niedrigzinsphasen müssten Anleger ihr Vermögen breit streuen, um der Inflation ein Schnippchen zu schlagen, meinte Bosek. Vom Kauf einzelner Aktien riet er aber genauso ab wie diese lange zu halten. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2013)

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