Krisenlösung? Bankkredite statt Staatsanleihen

Krisenloesung Bankkredite
Krisenloesung Bankkredite(c) epa/Orestis Panagioutou (Orestis Panagioutou)
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Die Geldschöpfung von Geschäftsbanken sei Ursache und Lösung der Krise, so der deutsche Ökonom Richard Werner.

Wien. Auch wenn zurzeit die ganze Welt gebannt auf die USA blickt, ist die Krise in Europa noch nicht endgültig ausgestanden. Noch immer droht etwa in Griechenland die Notwendigkeit eines neuerlichen Hilfspaketes. Und noch immer zahlen Länder wie Spanien oder Italien deutlich höhere Zinsen für ihre Staatsanleihen als vor dem Ausbruch der Krise, was ihre ohnehin hohe Staatsverschuldung rasant weiter ansteigen lässt. Gleichzeitig leiden diese Länder aufgrund der lokalen Bankenkrisen an einer massiven Verknappung der Kreditvergabe, wodurch auch mögliche Wachstumsinvestitionen gebremst werden.

Dies müsste nicht so sein, sagt der deutsche Ökonom Richard Werner, der an der britischen Universität Southampton lehrt, am Mittwoch vor Journalisten. Und er präsentiert auch eine Lösung, mit der sich die angeschlagenen Länder des Südens wieder selbst finanzieren könnten, ohne dabei von den hohen Zinsen ihrer Staatsanleihen zerdrückt zu werden: Sie sollten einfach keine Staatsanleihen mehr begeben, sondern sich stattdessen über Bankkredite ihrer eigenen nationalen Bank finanzieren.

„Deutschland hat sich bis in die 1970er-Jahre zu drei Vierteln per Bankkredit finanziert“, so Werner. Und für die Krisenstaaten wären die Kredite deutlich günstiger als Anleihen. „Zu einer Zeit, in der die Renditen auf irische Staatsanleihen auf 20 Prozent gestiegen waren, lagen die Zinsen für lokale Bankkredite immer noch bei vier Prozent“, sagt Werner.

Vorteile hätte diese Systemumstellung aber auch für die Banken. Denn diese müssten – anders als bei Anleihen – die Werte in ihren Büchern nicht abwerten, wenn es etwa zu einer Herabstufung durch eine Ratingagentur käme. Und auch Probleme mit der Unterlegungspflicht von Eigenkapital gäbe es nicht, da diese laut den Basel-Regeln bei Krediten an Staaten null Prozent betrage.

Staatliche Gelddruckmaschine

Würden sich so die Staaten aber nicht quasi eine Gelddruckmaschine in Form einer nationalen Bank organisieren, um ihre Defizite zu finanzieren und so die Inflation anheizen? Grundsätzlich stimmt Werner dieser Kritik zu, sie sei zurzeit jedoch nicht so relevant. „Derzeit ist Inflation kein Problem, da es in diesen Ländern eher deflationäre Tendenzen gibt.“ Und eine zu exzessive Nutzung der Kredite durch die Staaten würde verhindert werden, weil die Banken sonst in einen Bankrott getrieben werden könnten. „Und die Staaten wissen, dass sie das nicht dürfen.“

Mit seinem Modell würde eine der Ursachen der Krise – die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken – auch Teil der Lösung werden, so Werner. Denn vor allem in Spanien oder Irland habe diese Geldschöpfung zu jener Immobilienblase geführt, deren Platzen schlussendlich die Krise auslöste. So werden 97 Prozent des Geldes nicht von der Zentralbank als Bar- oder Zentralbankgeld erschaffen, sondern in Form von Krediten durch die Geschäftsbanken. Fließt dieses Geld jedoch nicht in produktive Investitionen, können sich dadurch Vermögensblasen bilden.

Um solche Blasen in der Zukunft zu verhindern, bräuchte es eine Reglementierung des Kreditmarktes. Entweder wie es bis in die 1980er-Jahre geschah, als Zentralbanken vorgaben, wie hoch die maximale Kreditsumme in einem Sektor sein darf. „Oder man verbietet einfach Kredite für nicht zum BIP beitragende Transaktionen. Es gibt dann weiter Spekulationen, aber ohne Kredithebel“, so Werner.

Die Forderung von mehr Aufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) ist seiner Meinung nach „Propaganda“. Denn diese habe schon vor Ausbruch der Krise die Bankenaufsicht gehabt – über ihre lokalen Stellen wie die heimische Nationalbank. „Die EZB hat sich damals jedoch dazu entschieden, nichts gegen die Ausweitung der Kredite zu unternehmen.“ (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2013)

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