Fallen für kreative Unternehmer

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Einsammeln von Zuwendungen für neue Projekte wird auch hierzulande beliebter. Das Gesetz ist dafür aber noch nicht gerüstet - oder etwa doch?

Wien. Als der Waldviertler Schuhunternehmer Heini Staudinger im Vorjahr von der Finanzmarktaufsicht (FMA) zur Rechenschaft gezogen wurde, war die Aufregung groß. Zur Finanzierung seines Betriebs hatte er bei Kunden, Freunden und Bekannten mehr als drei Millionen Euro gesammelt. Und damit der Bank, die seinen Kreditrahmen heruntergesetzt hatte, ein Schnippchen geschlagen. Aber auch wenn in diesem Einzelfall alle (Sparer, Unternehmer und seine Beschäftigten) mit dem Modell zufrieden waren, „ist die Finanzmarktaufsicht hier zu Recht eingeschritten“, bekräftigt Thomas Ratka, Professor am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Uni Wien.

Denn ohne Bankenlizenz dürfe man derartige Geschäfte nicht tätigen. Wenn man das durchgehen ließe, könnte als nächster jemand kommen und sagen, er verkauft jetzt Drogenersatzstoffe billiger als die Apotheken, die dieses Recht eigentlich haben. „Das wäre unerträglich“, betonte Ratka beim letztwöchigen Rechtspanorama am Juridicum. Die Debatte drehte sich um die Finanzierung von unternehmerischen Projekten. Während Staudinger einen Sparverein gründete, setzen andere auf „Crowdfunding“ oder „Crowdinvesting“. Bei der zuerst genannten Variante werden schlicht Spenden gesammelt – dies wird etwa für Filmprojekte oder bei Parteien (Neos) eingesetzt. Beim Crowdinvesting hingegen geht es nicht um eine milde Gabe, sondern darum, dass man für sein Geld etwas vom Gewinn bekommt, wenn das Projekt erfolgreich ist.

„Crowdinvesting ist in Österreich angekommen“, analysierte Paul Pöltner, Geschäftsführer von Conda, einer Crowdinvesting-Plattform. Wer sich beteiligt, erhält ein Substanzgenussrecht. Die Investoren sind an Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt“, erläuterte er.

Irene Fialka, Geschäftsführerin im universitären Gründerservice „INiTS“, berichtete, dass es hierzulande mit Crowdfunding noch eher wenig Erfahrung gibt. Dies könne ein Nach-, aber auch ein Vorteil sein, „weil sich noch wenige damit die Finger verbrannt haben“, meinte sie. Ihr gehe es darum, „Start-ups zu helfen, erste Schritte zu gehen“. Banken würden dabei faktisch keine Rolle spielen.

FMA: Müssen Anleger schützen

Eigentlich sei die Idee des Crowdinvestings nicht so neu, meinte Markus Öhlinger von der Finanzmarktaufsicht (FMA). „Dass Leute für Ideen Geld einsammeln, hat es immer schon gegeben.“ Neu sei nur, dass durch das Internet die Zahl der potenziellen Nutzer vergrößert wurde. Crowdinvesting sei nach geltendem Recht durchaus möglich. Heikel könne aber werden, wenn man ohne es zu ahnen von den Vorschriften des Zahlungsdienstgesetzes erfasst wird. Wenn man Geld über ein Konto laufen lasse, „ist man da relativ leicht drinnen“, sagte Öhlinger. Er verteidigte die FMA, die manchmal einschreiten müsse. Es gehe schließlich auch um den Schutz der Anleger. Und die FMA drohe bei unzureichenden Kontrollen zu haften: „Über uns hängt als Damoklesschwert die Amtshaftung“, so Öhlinger.

Braucht es neue Gesetze für Crowdinvesting & Co.? „Ich glaube, dass die Rechtslage ausreichend determiniert ist“, meinte Robert Bachner, Anwalt bei Schönherr. Das ABGB stamme etwa auch aus dem Jahr 1811 und sei für viele Fragen, die erst nachher entstanden, tauglich. Bachner widersprach damit Ratka, der sich zuvor für legistische Initiativen ausgesprochen hatte: „Es gibt eine planwidrige Gesetezslücke“, hatte der Professor gemeint. „Es braucht aber klare Regeln, um Wildwuchs zu verhindern.“ Nachvollziehbar war für Bachner hingegen, dass der Gesetzgeber die Grenze, ab der man einen Kapitalmarktprospekt auflegen muss, anhob. Bisher war ein Prospekt nötig, wenn man innerhalb eines Jahres 100.000 Euro an Einzahlungen erhielt, was den Aufwand verhältnismäßig hoch machte. Nun wurde die Grenze auf 250.000 Euro angehoben.

NÄCHSTE DISKUSSION

Das „Rechtspanorama am Juridicum“ ist eine von der juridischen Fakultät der Uni Wien und der „Presse“ organisierte Veranstaltungsreihe. Diskutierende verschiedener Disziplinen erörtern aktuelle Themen aus Rechtsetzung und -praxis. Der nächste Diskussionsabend findet am 11. November im Dachgeschoß des Juridicums statt und ist dem Richterbild von heute gewidmet. Im Vorfeld der Einführung von elf neuen Verwaltungsgerichten Anfang 2014 diskutieren VfGH-Vizepräsidentin Brigitte Bierlein, Volksanwältin Gertrude Brinek, Richterin Mia Wittmann-Tiwald, der Präsident des Verwaltungsgerichts Wien, Dieter Kolonovits, und Anwältepräsident Rupert Wolff.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2013)

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