Auszeichnung für Recherche-„Labor“

Auszeichnung fuer Dossier
Auszeichnung fuer Dossier(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Recherchewebsite Dossier erhielt den Walter-Rode-Preis. Das Projekt finanziert sich über Spenden und Preise – und lebt von Idealismus.

Montagabend war es wieder so weit: Das Redaktionsteam der Internet-Recherchesite www.dossier.at hat einen Preis bekommen: 5000Euro fließen mit dem vom Medienhaus Wien gestifteten Walter-Rode-Preis ins karge Redaktionsbudget der Mannschaft um Florian Skrabal („Datum“, „Stern“, „Presse“) und Sahel Zarinfard („Paroli“). Die beiden haben vor genau einem Jahr die Investigativplattform gestartet und gleich mit ihrer ersten Recherche – über üppige Inserate des Bundeskanzleramts in „Heute“ – gehörig für Aufsehen gesorgt. Die Jury des Walter-Rode-Preises würdigt nun die engagierten Jungjournalisten: „Ihr unabhängiger investigativer Datenjournalismus ermächtigt User zum Aufbegehren gegen die Obrigkeit.“

Dabei wurde auf der Seite seit März gar nichts mehr veröffentlicht. Ein Schwachpunkt, wie Skrabal im Gespräch mit der „Presse“ einräumt: „Aber wir wollen in die Tiefe gehen und umfassend recherchieren – das lässt sich nicht rascher bewerkstelligen.“ Nicht bei den finanziellen Verhältnissen – und wer nicht veröffentlicht, der findet auch keine Finanziers. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Weshalb Skrabal diesen „Teufelskreis“ durchbrechen will.

Derzeit werde an drei Projekten parallel gearbeitet: „Für das nächste Dossier haben wir im April den Rechercheplan gemacht, dann recherchiert – erscheinen wird es im November.“ Es werde eine Exklusivstory zum Thema Menschenrechte sein, mehr will Skrabal nicht verraten. Künftig soll etwa alle zwei Monate ein Dossier erscheinen.

„Zum großen Teil Ausbeutung“

Insgesamt ist das Dossier-Team zu neunt – neben mittlerweile fünf Journalisten sind auch ein Fakten-Checker, ein Webdesigner, ein Datenexperte und jemand für das Redaktionsmanagement dabei. Öffentliche Förderungen erhält die Redaktion nicht – will sie auch gar nicht. Werbung auch nicht. „Die Finanzierung ist die kniffligste Frage“, gesteht Skrabal. Im ersten Jahr seines Bestehens hat Dossier 10.000Euro an privaten Spenden gesammelt. „Wir nehmen kein Geld von Parteien oder öffentlichen Unternehmen“, stellt Skrabal klar und bedauert: „In Österreich ist es einfacher, Geld für Kinder oder Tiere zu sammeln – nicht für so abstrakte Anliegen wie Journalismus und Demokratie.“

Dazu kamen Einnahmen aus dem Egon-Erwin-Kisch-Stipendium und dem Axel-Springer-Preis, durch Rechercheaufträge für BBC und „Stern“ sowie Lehraufträge (ein Teil des Honorars bleibt bei Dossier) und Medienkooperationen. Per Crowdfunding wurde außerdem Geld für den Zugang zu einer Firmendatenbank gesammelt. Viel ist das nicht. „Es läuft zum großen Teil auf Ausbeutung hinaus. Nebenjobs sind daher notwendig.“ Und viel Idealismus.

Trotzdem kann sich Skrabal nicht vorstellen, die Rechercheergebnisse mittels Paywall nur einer zahlungswilligen Klientel zugänglich zu machen: „Unser Anspruch ist ja, eine möglichst große Öffentlichkeit zu erreichen.“ (i.w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2013)

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