„Erlebnis Cards Tirol“ wurden unter anderem an Feuerwehrleute verteilt. Vizebürgermeister Anzengruber betont, er sei nur als Vermittler tätig geworden.
Innsbrucks ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber ist wegen der Verteilung von „Erlebnis Cards Tirol“ unter anderem an Feuerwehrmitglieder und Mitarbeiter der Innsbrucker Sozialen Dienste (ISD) in die Kritik geraten. Anzengruber betonte, dass er nur als Vermittler tätig geworden sei und die Karten weder der Stadt noch ihm persönlich geschenkt worden waren. Andere Fraktionen drängten auf Aufklärung.
Laut Berichten der „Tiroler Tageszeitung“ und der Tirol-Ausgabe der „Kronen Zeitung“ wurden rund 1100 Stück dieser Karten, mit denen diverse Vergünstigungen für Freizeitaktivitäten in Tirol angeboten werden, an die Mitglieder der Innsbrucker Feuerwehren sowie die Belegschaft eines Pflegeheims verteilt. Auch weitere Blaulichtorganisationen sowie alle rund 1400 Mitarbeiter der Innsbrucker Sozialen Dienste wurden damit bedacht. Anzengruber sah jedenfalls nichts Verwerfliches, im Gegenteil. Er sei in einer reinen „Vermittlerrolle“ zu den Freiwilligenorganisationen bzw. zum Betriebsrat der ISD aufgetreten. Der Geschäftsführer „Erlebnis-Card“ habe ihm die Karten zur Verfügung gestellt. Diese seien „übrig geblieben und laufen Ende des Jahres aus. Sie wären sonst am Bauhof gelandet.“ Letzterer bestätigte dies. Die vom Händler nicht verkauften und ans Unternehmen zurückgeschickte Karten hätten ebenjenem „sozialen Zweck“ zugeführt werden sollen.
Willi äußert sich kritisch
Bürgermeister Georg Willi (Grüne) ließ ausrichten, dass es ein „sauberer Weg“ gewesen wäre, die Sache im Stadtsenat vorzubringen, um einen etwaigen Beschluss herbeizuführen. Dabei hätte auch über die mögliche Verteilung der Karten auf andere Regierungsmitglieder entschieden bzw. geredet werden können. Er habe nunmehr eine Prüfung des Vorganges durch die Rechtsabteilung der Stadt hinsichtlich der Einhaltung von Compliance-Regeln in die Wege geleitet. Er selbst sei über die Angelegenheit im Vorfeld jedenfalls nicht informiert worden, so Willi.
Anzengruber hatte zudem erklärt, Ähnliches mache er ständig, etwa wenn er zwischen Lebensmittelhändlern und Sozialmärkten oder Tafeln Warenspenden vermittle. Und im Gegensatz etwa zu Blumenverteilaktionen durch städtische Politiker sei „hier kein einziger Steuer-Cent geflossen“, erklärte der Vizestadtchef gegenüber der „TT“. Ihm gehe es um ein Zeichen der Wertschätzung. In einem Begleitschreiben an die Beschenkten wurde der Vizebürgermeister unterdessen folgendermaßen zitiert, was die Vermittlerrolle in Zweifel ziehe: „Gerne schenke ich euch eine Karte, mit der die vielen verschiedenen sportlichen, kulinarischen, touristischen und kulturellen Abenteuer noch bis Ende des Jahres erlebbar sind.“
Der politische Mitbewerb schäumte wenig überraschend. FPÖ-Vizebürgermeister Markus Lassenberger ortete ein „Vorwahlgeschenk“ und stellte entweder eine Umgehung des Stadtsenates oder eine unerlaubte Geschenkannahme in den Raum. Die Freiheitlichen brachten eine dringende Anfrage zur Causa ein. SPÖ-Stadtparteichef Benjamin Plach sprach von einer „klaren Kompetenzüberschreitung“ und forderte Aufklärung. „Eine völlig abgehobene, schamlose Aktion“, sagte Neos-Gemeinderätin sowie Nationalratsabgeordnete Julia Seidl Anzengruber. Von schwer wiegenden Vorwürfen sprach indes Liste Fritz-Gemeinderat Thomas Mayer. Sehr zurückhaltend bisher Anzengrubers politische Heimat. „Das ist weder eine Initiative der Partei noch war sie mit ihr abgestimmt“, hieß es aus der ÖVP-Parteizentrale gegenüber der „Krone“.
Der Volkspartei hatte Anzengruber zuletzt anderweitig nicht gerade Freude bereitet. In einem publik gewordenen „Offenen Brief“ an Landesparteiobmann Landeshauptmann Anton Mattle richtete er diesem aus, Bürgermeisterkandidat bei der Gemeinderatswahl im kommenden Frühjahr und damit Herausforderer von Grünen-Stadtchef Georg Willi werden zu wollen. Außerdem drängte er auf eine Mitgliederbefragung, um diese Frage zu klären. Der Hintergrund: Die schwarzen Granden und die Liste „Für Innsbruck“, mit der man an einer „bürgerlichen Plattform“ bastelt, wollen offensichtlich jemand anderen ins Rennen schicken. Kolportiert, aber bis dato nicht bestätigt, wurde immer wieder Staatssekretär Florian Tursky. Die Landes-ÖVP reagierte jedenfalls sehr verärgert über Anzengrubers Vorgehen, schließlich traf sich dieser Tage zuvor mit Mattle zu einem persönlichen Gespräch. Man sah die Inhalte einer vertraulich geführten Unterredung veröffentlicht. (APA)