In Argentinien ist Österreich überaus beliebt, sogar noch etwas mehr als Deutschland. Schließlich ist es keine fußballerische Gefahr.
Am Ende der Welt hat man Österreich sehr gern. Allen, die ihr Austria-Ego pflegen möchten, sei eine Taxifahrt durch Buenos Aires angeraten. Denn dort wird jeder Besucher gefragt, woher er denn käme, und – falls er nicht gerade aus den USA oder Großbritannien ist – mit Hochachtung eingeseift.
Österreich liegt in der Taxler-Sympathieskala auf einer Topplatzierung, denn es ist in Europa, was gut ist in der Stadt, in der fast alle ihren Ursprung dort haben. Es ist deutschsprachig, was es in die Spitzengruppe der Sympathieträger bugsiert, denn Argentinier verbinden damit Begriffe wie Zuverlässigkeit und Disziplin, Attribute, deren Fehlen in Argentinien jeder Taxler beklagt. Die Österreicher liegen sogar etwas vor den Deutschen: Im Fußball gelten sie nicht als Gefahr für Messi und Co.
In höheren Bildungsniveaus ist die Sympathie nicht geringer. Die Freunde des Teatro Colón huldigen bis heute dem Wiener Direktor Erich Kleiber, die Stadt mit der größten Psychologendichte der Welt hinterfragt sich nach Sigmund Freud, und die Elite schwärmt vom Arlberg. Im argentinischen Mozarteum sammeln sich Habitués klassischer Harmonien, während Elektrokids sich virtuell mit Wiener Clubs wie dem „Flex“ kurzschließen. Alles todo bien.
Gut ist das Verhältnis wohl, aber kaum innig. Österreichs Wirtschaft, die ein Tausendstel ihres Warenstromes an den Rio de la Plata leitet, hat wenige Großinvestments in dem 40-Millionen-Land mit der eigenwilligen Zahlungsmoral getätigt. Wichtigste Player sind Casinos Austria und ein Zweig der Familie Swarovski, der die Bodegas Norton besitzt, eine der größten Kellereien dort. Argentinien litt lange unter der Blockade der EU-Agrarmärkte, doch mit dem Hunger der Schwellenländer in Asien und Arabien öffneten sich neue Märkte und politische Prioritäten. Alte Verbindungen nach Europa schliefen ein. Derzeit vermiesen rigide Importrestriktionen den Österreichern die Lust auf argentinische Abenteuer.
Als Heinz Fischer warten musste.Wie wichtig Österreich ist, durfte ausgerechnet Heinz Fischer im Vorjahr erleben: Beim ersten Besuch eines österreichischen Präsidenten in Argentinien mussten er, zwei Minister und zwei Staatssekretäre zwei Stunden auf die Herrin der Casa Rosada warten. Präsidentin Kirchner hatte viel zu tun. af
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.10.2013)