Kärnten: Der Euphorie folgt die Ernüchterung

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Die Dreierkoalition steht nach umstrittener Postenbesetzung erstmals vor einer Bewährungsprobe. Von den großen Zielen wie Budgetsanierung und Verfassungsreform wurde noch nicht viel umgesetzt.

Wien/Klagenfurt. Je höher der Anspruch, desto größer kann die Enttäuschung ausfallen. Als sich im März in Kärnten eine Dreierkoalition von SPÖ, ÖVP und Grünen anschickte, das Erbe der Freiheitlichen anzutreten, war die Erwartungshaltung groß: Aufräumen sollte die neue Regierung mit den Korruptionsfällen, die ihre Vorgänger hinterlassen haben. Und das Land, das knapp an der Pleite vorbeigeschrammt war, sollte nachhaltig saniert werden.

Heute ist leichte Ernüchterung angesagt. Oder, wie es Gerhard Köfer, Landesrat des Teams Stronach formuliert: „Eine neue Bescheidenheit ist ausgebrochen.“ Vergangenes Wochenende war die Dreierkoalition erstmals ernsthaft gefährdet. Der Anlassfall: eine höchst umstrittene Postenbesetzung. In der Krankenanstaltengesellschaft Kabeg war die Chefin, eine enge Vertraute der früheren FPK-Regierung, entlassen worden. Nachfolgen sollte ihr ausgerechnet der Bürochef von Landeshauptmann Peter Kaiser, Arnold Gabriel. Es war nicht die erste personelle Umfärbung durch die in der Regierung dominierende SPÖ, aber es war jene, die auch den beiden Juniorpartnern zu weit ging.

ÖVP-Chef Gabriel Obernosterer berief den Koalitionsausschuss ein und drohte, die Koalition platzen zu lassen. Und auch die Grünen gehen deutlich auf Distanz. „Ich habe das Gefühl, man muss die SPÖ vor den Roten schützen“, sagt ihr Landesrat Rolf Holub zur „Presse“. Umfärbungen seien „gewohntes Verhaltensmuster“ für die SPÖ, das sei den handelnden Personen oft gar nicht bewusst. Zum Fall Gabriel meint Holub: „Ich finde das nicht okay, ich hätte das nicht gemacht.“

Allerdings: Die grünen Aufsichtsräte in der Kabeg haben für Gabriel gestimmt. Holub erklärt dies mit der Entpolitisierung. Es gebe keine Anweisungen an die von ihm entsandten Aufsichtsräte, diese müssten nach ihrem Gewissen entscheiden.

Vorerst ist es Landeschef Peter Kaiser noch gelungen, die Wogen zu glätten. In einer Krisensitzung am Sonntag wurde Transparenz angekündigt, die Kabeg-Aufsichtsräte können nun die Unterlagen sämtlicher Bewerber ansehen. Die SPÖ argumentiert, mit der Besetzung des Postens nichts zu tun zu haben. Das Beratungsunternehmen Deloitte habe das Besetzungsverfahren eigenständig durchgeführt, ohne Einflüsterung aus der Politik. Und da sei eben Gabriel unter den drei Bestgereihten gelandet, die dem Aufsichtsrat zur Auswahl vorgeschlagen wurden.

Während personelle Entscheidungen für Aufregung sorgen, steht die Koalition bei ihren großen Projekten erst am Beginn:
Aufarbeitung der Vergangenheit: Derzeit konzentriert sich das Interesse auf den Kauf der ÖGB-Seenliegenschaften durch die frühere Landesregierung. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag brachte zutage, wie der frühere Landeshauptmann Jörg Haider unter Umgehung der Landesbeamten einen weit überhöhten Kaufpreis durchdrückte. Noch offen ist, wie weit heute noch lebende Politiker für das finanzielle Desaster mit verantwortlich waren – etwa die heutige Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) oder ihr Vorgänger Harald Dobernig (FPÖ).
Schulden: Die Sanierung des Landesbudgets ist noch lange nicht umgesetzt. „Derzeit haben wir ein Harald-Dobernig-Gedächtnisbudget“, beschreibt es Gerhard Köfer. Sprich: Veränderungen zum bisherigen finanziellen Kurs des Landes gibt es nur in Nuancen. Für 2014, vor allem aber für die Folgejahre sind jedoch kräftige Einschnitte geplant. „Wir bekommen das Schuldenproblem in den Griff“, ist Holub optimistisch.
•Für die Verfassungsreform mit Abschaffung des Proporzes in der Regierung und damit einhergehender Stärkung der Minderheitenrechte im Landtag hat es gerade erst den Startschuss in Form einer Enquete gegeben. Da könnte allerdings die Zeit drängen: Vor dem Verfassungsgerichtshof läuft derzeit ein nicht aussichtsloses Verfahren um ein Mandat, das vom BZÖ wegen einer als ungültig erachteten Stimme verpasst wurde. Die Koalition könnte ihre Verfassungsmehrheit verlieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2013)

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