"Zeitbombe" Krank am Arbeitsplatz produziert Kosten

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Durch "Präsentismus" entsteht ein höherer Schaden für Beschäftigte und Wirtschaft als durch Abwesenheit, ergibt eine von der AK beauftragte Studie.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich lässt das Phänomen, dass rund 40 Prozent der Beschäftigten trotz Krankheit zur Arbeit gehen, erforschen. Eine mit Stipendien geförderte Diplom- sowie eine Masterarbeit der Linzer Kepler Universität und der Fachhochschule Krems haben jetzt ergeben, dass durch "Präsentismus" - so die wissenschaftliche Bezeichnung - Schaden sowohl für die Beschäftigten als auch die Unternehmen entsteht.

Die beiden Studenten Gisela Singer und Wolfgang Piermayr betrieben Literaturrecherchen und befragten AK-Mitglieder sowie Mitarbeiter eines nicht näher genannten städtischen Schwerpunktspitals. Ausgerechnet beim Krankenhauspersonal ist der Präsentismus höher als in anderen Berufsbereichen. Die Studienautoren fanden die Vermutung bestätigt, dass fehlende Vertretung im Krankenstand, Anreizsysteme für Anwesenheiten, hohes Engagement für den Job und eine gute Beziehung zu den Kollegen das Verhalten, krank zur Arbeit zu gehen, verstärken. Die Angst vor Konsequenzen wie Arbeitsplatzverlust sei ebenfalls ein Beweggrund. Das käme kurz- und mittelfristig den Unternehmen zugute.

Langzeitfolgen werden übersehen

Präsentismus sei aber eine "Zeitbombe", was den Betroffenen vielfach nicht bewusst sei. Sie würden durch ihr Verhalten langfristig ihre Gesundheit gefährden und damit ihren Arbeitsplatz - was sie eigentlich vermeiden wollten. Denn es gebe einen signifikanten Zusammenhang mit gesundheitlichen Langzeitfolgen wie Burn-out und erhöhtem Herzinfarktrisiko. Internationale Studien würden belegen, dass die Folgekosten von Präsentismus höher seien als jene von Abwesenheit. Die Arbeitsqualität sinke, die Fehleranfälligkeit steige ebenso wie die Unfallgefahr. Es bestehe das Risiko eines späteren Ausfalls, der erheblich länger dauern könne.

Der Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich Johann Kalliauer will keine Schuldigen für das Phänomen suchen, aber Problembewusstschein bei Beschäftigten und Unternehmen schaffen. Weil das Thema in der heimischen Forschung noch ein blinder Fleck sei, sollte sie in diese Richtung vorangetrieben werden. Darüber hinaus tritt er unter anderem für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, ausreichende Bemessung von Personal und das Verbot von Anreizsystemen für Anwesenheit trotz Krankheit - beispielsweise Gutscheine und Prämien für Mitarbeiter, die das ganze Jahr nicht in Krankenstand gehen - ein.

Eine Gallup-Studie vom November 2012 hatte aufgezeigt, dass die heimische Volkswirtschaft pro Jahr sieben Milliarden Euro durch psychosoziale Erkrankungen verliere – vier davon betreffen Unternehmen, die durch Produktivitätsverlust und Krankenstandstage der Mitarbeiter Geld verlieren.

(APA)

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