Die Votivkirchen-Asylwerber besetzten die Akademie der bildenden Künste. Sie fordern einen legalen Aufenthalt. Und inszenieren ihre Anliegen nach allen Regeln der PR.
Wien. Sie denken nicht daran, zu gehen. In der Nacht auf Mittwoch haben 24 ehemalige Votivkirchen-Besetzer die Akademie der bildenden Künste in Wien besetzt beziehungsweise nach einer Diskussionsrunde nicht mehr verlassen. Sie hätten am Mittwoch aus ihrer vorübergehenden Bleibe im Servitenkloster ausziehen müssen.
Zwar habe Rektorin Eva Blimlinger den Verbleib in der Uni nicht erlaubt. „Sie hat aber auch nicht die Polizei gerufen“, sagt Mir Jahangir, einer der Sprecher. Weiters würden Studenten und auch Lehrende den Protest unterstützen. Tatsächlich befand sich mit Jakob Krameritsch auch ein Lehrender der Kunst-Uni unter den Rednern auf der am Mittwoch rasch einberufenen Pressekonferenz. Auch wenn er extra betonte, nicht für das Rektorat oder die Uni zu sprechen.
Auf Englisch erklärten die fünf Asylwerber auf dem Podium ihre Forderungen: einen legalen Aufenthaltsstatus, Schutz, Sicherheit und offene Ohren für ihre Anliegen. „Das Mädchen Malala konnte ja auch in Großbritannien bleiben“, sagte einer der Männer. Die Uni werde man erst verlassen, wenn es eine gemeinsame Unterkunft gibt. An der ist die Caritas, die die 24 Männer aus Pakistan und Afrika bislang betreut hat, zuletzt gescheitert. Überhaupt findet man für die Caritas keine guten Worte mehr. „Für uns sind die Caritas und das Innenministerium das Gleiche“, sagt Mir Jahangir, Die Caritas habe ihnen gesagt, dass es keine gemeinsame Unterkunft für sie gebe, sondern nur einzelne Unterkünfte – das glauben sie jedoch nicht. Ihre Vermutung: Die Caritas wolle nicht, dass sie zusammenbleiben. Diese bekräftigte unterdessen, dass sie „keinen der Refugees unversorgt auf die Straße setzt“. „Ich war sehr betroffen über ihre Verzweiflung und ihren teilweise schlechten psychischen Zustand“, so Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien.
Ein inszeniertes Spektakel
In der Kunst-Uni betonten die Asylwerber nun, in Zukunft selbst für sich zu sprechen. Allein sind sie deswegen nicht. Im Hintergrund arbeitet eine Gruppe von (heimischen) Unterstützern auf Hochtouren, um das Asyldrama nach allen Regeln der PR-Kunst aufzubereiten. „Kein Kommentare zur Presse ohne Absprache“, steht auf Plakaten an der Wand. Auf einem ist ein Organigramm zu sehen: Eine Gruppe soll sich um die Verhandlungen mit der Uni kümmern, eine um die Strategie („Wie erreichen wir andere Flüchtlings-Communitys?“), eine andere soll den Jahrestag des Protests (am 24.11.) planen.
Die Asylwerber selbst waren Minuten vor der Pressekonferenz kaum von den Kunststudenten zu unterscheiden. Wenig erinnert noch an die erschöpften Männer, die in der Votivkirche in Schlafsäcken kauerten. Sie tragen jetzt Sneakers, farblich abgestimmt auf das Shirt, quergestreifte Pullover mit Hemd. Bärte und Haare sind getrimmt. Hier wird nichts mehr dem Zufall überlassen. Auch nicht die Fragen auf der Pressekonferenz, die von den Unterstützern zum Teil selbst an das Podium gerichtet wurden – wie eine Aktivistin vor der PK unvorsichtigerweise zugibt. „Es ist ein Akt der Emanzipation, dass die Asylwerber jetzt selbst für sich sprechen“, sagt dazu einer der Unterstützer. Er ist der Chef der eigens gegründete Pressegruppe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2013)