Das seriöse Antlitz des Teams Stronach

PK NACH BUNDESDIREKTORIUMSSITZUNG DES TEAM STRONACH: STRONACH
PK NACH BUNDESDIREKTORIUMSSITZUNG DES TEAM STRONACH: STRONACHAPA/ROBERT JAEGER
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Wie das Team Stronach abseits des Chaos Politik macht: Ein Rechtsanwalt und ein Primarius repräsentieren die wirtschaftsliberale Seite der neuen Parlamentspartei.

Das Team Stronach bietet seit Wochen das Bild des Chaos: Eine Nationalratskandidatin, die zwei Tage nach ihrer Präsentation zurücktritt und dann ihr Mandat doch annimmt. Landesparteichefs, die von der Zentrale abgesetzt werden. Ein interimistischer Landesparteichef, der abgelöst wird und daraufhin in der Öffentlichkeit peinliche Schmutzwäsche wäscht. Ein Parteichef, der sich per Statut uneingeschränkte Machtfülle sichert, wirre Auftritte im Fernsehen liefert und seine Assistentin per Dekret zur Nachfolgerin macht, ehe er sich nach Kanada verabschiedet.

Ist da eine reine Skurrilopartie ins Parlament eingezogen, getragen von früheren BZÖ-Politikern, die rechtzeitig den Absprung geschafft haben? Nicht ganz. Frank Stronach ist es gelungen, auch durchaus honorige Mitstreiter für seine Bewegung zu gewinnen – auch wenn diese in der Öffentlichkeit bisher kaum eine Rolle gespielt haben. Georg Vetter ist einer davon: Der Wiener Rechtsanwalt, spezialisiert auf Wirtschaftsrecht, war schon vor seiner politischen Karriere als eifriger Verfasser von Kolumnen und Gastkommentaren aufgefallen. Er sitzt ebenso für Stronach im Parlament wie Marcus Franz, ärztlicher Direktor des Hartmannspitals, der zuletzt mit Aussagen über Demonstrationsverboten und Gesellschaftspolitik Aufsehen erregte.

Beide tun sich jedenfalls nicht ganz leicht, die Vorgänge in der eigenen Partei zu erklären. „Wir gehen jetzt in Phase zwei“, sagt Vetter. Nun gehe es um die Demokratisierung der Partei. „Das schaffen wir, oder wir schaffen es nicht.“ Über die Auftritte ihres Parteichefs in den TV-Debatten sind beide nicht glücklich. Franz merkt entschuldigend an, dass Stronach als Nichtberufspolitiker eben nicht in die gestreamlinete Medienlandschaft hineinpasse. Und dass es in allen anderen Parteien auch Personaldebatten gebe.


Eigenverantwortung stärken. Sowohl Vetter als auch Franz schwören auf ein klares weltanschauliches Konzept: Die Selbstverantwortung des Einzelnen müsse gestärkt, die Rolle des Kollektivs zurückgedrängt werden. „Alle schreien bei uns nach dem Versorgungsstaat, alle pochen auf ihre Rechte, niemand spricht von Pflichten“, sagt Franz. „Es geht immer mehr in Richtung Kollektiv, das muss zurückgedreht werden“, ergänzt Vetter. Sie sehen sich beide als Wirtschaftsliberale, geprägt durch die österreichische Schule der Nationalökonomie eines Friedrich A. Hayek.

Andere Parteien würden ihre Positionen nicht vertreten – schon gar nicht die ÖVP. Diese sei zu sehr in den Kammernstaat verstrickt. Dagegen klingt das Konzept sehr nach der amerikanischen „Tea-Party“. Ein Vorbild? „Die sind mir zu verbohrt“, sagt Franz. „Ich habe ein breiteres Gesichtsfeld.“ Am Beispiel seines Spezialgebiets, des Gesundheitswesens: Der Mediziner will es nicht dem Einzelnen überlassen, ob er sich gegen das Krankheitsrisiko versichert, sondern hält eine „Bürgerversicherung“ für sinnvoll. „Die Gesundheit des Einzelnen muss ein Anliegen des Staates sein.“ Da müsse es eine Grundversorgung geben.

Viel mehr Freiheit will Vetter im Bereich des Berufszugangs: Die Gewerbeordnung mit zahlreichen Regelungen sei überbordend, da könne man viel mehr dem Markt überlassen: „Wenn einer ein guter Installateur ist, dann wird er sich durchsetzen. Wenn nicht, dann eben nicht. Da braucht man nicht so viele Vorschriften.“ Klingt ganz nach der „Entfesselung“, die ÖVP-Chef Michael Spindelegger im Wahlkampf propagiert hat – nur eben, dass das Team Stronach keine Rücksicht auf die eigenen Funktionäre in der Kammer nehmen muss.

Das gelte auch für Freiberufler wie Ärzte oder Apotheker, sagt Franz: Durch die Kassenverträge gebe es einen „mafiosen“ Gebietsschutz. Freiberufler sollen dort ihre Praxis aufmachen können, wo sie das wollen.

Vetter wehrt sich auch gegen die Tendenz einer „Kriminalisierung der Gesellschaft“. Es gebe so viele Strafen wie noch nie – etwa im Wirtschaftsleben, wenn die verspätete Abgabe einer Bilanz sanktioniert wird. Der Staat verhalte sich wie ein „Großinquisitor“, der die verschiedensten Verhaltensweisen unter Strafe stellt. Auch beim Thema Rauchen sei die Frage zu stellen, ob der Staat nicht schon zu weit gegangen sei. „Warum sollen private Gasthäuser nicht ,Wir wollen Raucher als Gäste haben‘ sagen können?“ Das sage er als Nichtraucher.


Ineffizientes Parlament.
Und welchen Eindruck nehmen die Neoabgeordneten von ihrer ersten Parlamentssitzung mit? Für Vetter war es vor allem ein Beispiel für Ineffizienz. Dass die Wahl von drei Parlamentspräsidenten stundenlang dauere, sei unsinnig und nur mit Fortführung sinnloser Traditionen erklärbar.

Porträts

Marcus Franz.Geboren 1963 in Wien. Seit Juli 2009 Primar der Internen Abteilung und Ärztlicher Direktor des Hartmannspitals. Er machte sich auch als Verfasser von politischen Gastkommentaren, unter anderem in der „Presse“, einen Namen.

Georg Vetter.Geboren 1962 in Wien. Seit 1991 als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Gesellschaftsrecht, Aktionärsschutz und Mietrecht tätig. Seit Jahren auch publizistisch aktiv, Verfasser der Bücher „Die neue Macht der Aktionäre“ und „Die daungegradete Republik“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2013)

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