Verdacht geheimer Absprachen europäischer Geheimdienste

Der Haupteingang des BND-Hauptquartiers in Pullach.
Der Haupteingang des BND-Hauptquartiers in Pullach.(c) REUTERS/Michael Dalder
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Der deutsche BND und der britische GCHQ sollen gemeinsam Überwachungstechnik entwickelt haben. In Deutschland wird dementiert.

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hat einem Medienbericht zufolge mit anderen europäischen Geheimdiensten Systeme zur massenhaften Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation entwickelt. Der BND arbeite dazu seit fünf Jahren mit den Geheimdiensten Großbritanniens, Frankreichs, Spaniens und Schwedens zusammen, schrieb der britische "Guardian" am Samstag. Der BND erklärte: "Mit europäischen Diensten findet ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch über technische Entwicklungen statt."

Der "Guardian" beruft sich auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Demnach sei die Überwachungstechnik in "enger Zusammenarbeit" mit dem britischen Geheimdienst GCHQ aufgebaut worden, heißt es in dem Bericht. Die Nachrichtendienste zapften transatlantische Glasfaserkabel an und hätten auch geheime Absprachen mit Kommunikationsunternehmen getroffen, um Daten zu sammeln.

Wie man nationale Gesetze umgeht

Zudem habe der GCHQ, der eng mit dem US-Geheimdienst NSA kooperiert, die befreundeten Dienste dabei beraten, wie sie am besten die nationalen Gesetze umgehen, die ihre Arbeit einschränken, schreibt der "Guardian" weiter. In diesem Punkt dementierte der BND am Samstag. Die Darstellung "angeblicher Bemühungen des Bundesnachrichtendienstes, gesetzliche Restriktionen zu umgehen, um britische Erfassungstechnik einsetzen zu können", sei "nicht zutreffend". Der BND habe sich "auch hier an Gesetz und Recht gehalten".

Der "Guardian" berichtete weiter, der britische Geheimdienst habe in einer Einschätzung seiner europäischen Partner aus dem Jahr 2008 Bewunderung für die Fähigkeiten des BND geäußert. Die deutschen Experten hätten "enorme technische Fähigkeiten" und einen guten Zugriff auf das Internet.

Kritiker stehen selbst in der Kritik

Die von Snowden enthüllten umfassenden Spähaktivitäten der NSA sorgen seit Monaten für Empörung. Auch Deutschland, Frankreich und Spanien übten scharfe Kritik an den Geheimdienst-Praktiken Washingtons. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwerte sich persönlich bei US-Präsident Barack Obama, weil ihr Mobiltelefon jahrelang abgehört worden sein soll. Nach Berichten über US-Spionageeinrichtungen im Osten und Südosten Asiens verlangten zuletzt auch China, Indonesien und Malaysia Erklärungen von der US-Regierung.

NSA-Direktor Keith Alexander wies die jüngsten Berichte über das Ausspähen der Telefonate von Millionen von Bürgern in Frankreich und Spanien durch die USA in dieser Woche hingegen als "vollkommen falsch" zurück. Vielmehr hätten europäische Dienste die Daten gesammelt und dann mit der NSA geteilt.

(APA/AFP)

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