EU-Konjunkturprognose: Nochmal schlecht, bevor es besser wird

EU Konjunkturprognose, Eurozone, Olli Rehn
EU Konjunkturprognose, Eurozone, Olli Rehn(c) EPA (OLIVIER HOSLET)
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Das Jahr 2013 wird für die Eurozone wie erwartet erneut eine Rezession bringen. Ab dem kommenden Jahr soll es jedoch wieder Wachstum geben. Schulden und Arbeitslosigkeit bleiben aber weiterhin hoch.

Wien. Es dürfte ein einigermaßen ungewohnter Auftritt für EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn gewesen sein. Erstmals seit fast zwei Jahren konnte er anlässlich einer Wirtschaftsprognose von etwas Positivem berichten: „Es gibt zunehmende Anzeichen, dass die europäische Wirtschaft einen Wendepunkt erreicht hat“, so Rehn am Dienstag anlässlich der Herbstprognose der EU-Kommission. Um die – ohnehin verhaltene – Euphorie jedoch wieder zu dämpfen, setzte der Finne jedoch gleich hinzu: „Aber es ist zu früh, um den Sieg zu erklären.“

Im Gesamtjahr 2013 werde sich diese erwartete Trendwende jedenfalls noch kaum niederschlagen. Um 0,4Prozent soll die Wirtschaft der Eurozone heuer erneut schrumpfen, zwar weniger als das Minus von 0,7Prozent im Jahr 2012, aber immer noch deutlich unter der Nulllinie. Für die gesamte EU sieht die Situation zwar ein wenig rosiger aus, da die wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern außerhalb der europäischen Einheitswährung grundsätzlich besser läuft. Doch auch hier werde sich laut der EU-Kommission im Jahr 2013 gerade einmal eine „schwarze Null“ ausgehen (siehe Grafik).

Die Rückkehr der Krisenländer

Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft Europas jedoch nach zwei Jahren in der Rezession endlich wieder ein Wachstum verzeichnen können – für die Länder der Eurozone soll dieses in Summe 1,1Prozent betragen. Damit diese Prognose auch Wirklichkeit wird, müssen jene zehn der 17 Euro-Mitgliedsländer, die 2013 eine schrumpfende Wirtschaft verzeichnen, aber großteils den Sprung ins Wachstum schaffen, wie es die Kommission erwartet. Lediglich für die stark angeschlagenen, aber verhältnismäßig kleinen Länder Slowenien und Zypern prognostiziert Brüssel auch 2014 noch eine Rezession. Die bisherigen Sorgenkinder Griechenland, Spanien, Italien und Portugal sollen indes ihre zum Teil fünfjährigen Schwächephasen hinter sich lassen und zumindest 0,5 bis 0,8Prozent wachsen.

Anders die Situation naturgemäß in den nördlichen Mitgliedsländern der Währungsunion: So werde Deutschland bereits heuer um 0,5Prozent und 2014 bereits wieder um 1,7Prozent wachsen, erwartet die Kommission. In Österreich soll die Entwicklung mit 0,4 und 1,6Prozent nur ein bisschen schwächer ausfallen.

Doch trotz dieser grundsätzlich positiven Prognose bleiben viele Probleme, die Europas Staaten in den vergangenen Jahren kräftig gebeutelt haben, aufrecht. So werde etwa die Arbeitslosigkeit auch im kommenden Jahr auf dem aktuellen Rekordwert von 12,2Prozent verharren. In einzelnen Ländern wie Spanien oder Griechenland ist zurzeit nahezu ein Viertel der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter arbeitslos, bei den Jugendlichen sind es sogar bis zu 50Prozent.

„Die Arbeitslosigkeit bleibt weiterhin auf einem nicht hinnehmbar hohen Niveau“, so Rehn. Da sich konjunkturelle Verbesserungen aber erst mit einer Verzögerung am Arbeitsmarkt bemerkbar machen, werde die Zahl der Jobsuchenden erst 2015 leicht auf 11,8Prozent sinken. In Österreich soll die Arbeitslosigkeit heuer zwar deutlich von 4,3 auf 5,1Prozent ansteigen – dies wäre aber immer noch der geringste Wert in der gesamten EU.

Budget-Sorgenkind Frankreich

Ebenfalls problematisch bleibe die Situation der Staatshaushalte. Vor allem in Spanien und Frankreich werde das Budgetdefizit auch in den kommenden beiden Jahren deutlich über der im Maastricht-Vertrag vereinbarten Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleiben, so Rehn bei der Präsentation der Zahlen. In Madrid werde das Minus im Haushalt der Regierung von 5,9Prozent im kommenden Jahr bis 2015 sogar auf 6,6 Prozent ansteigen. Über alle Euroländer hinweg soll das Minus in den staatlichen Budgets jedoch in den kommenden zwei Jahren von derzeit 3,1Prozent auf 2,6Prozent des BIPs sinken.

Auch der Fehlbetrag im heimischen Staatshaushalt soll laut der jetzigen Prognose von minus 2,5 Prozent des BIPs im Jahr 2013 im kommenden Jahr auf 1,9Prozent fallen. Mögliche Verbindlichkeiten für die Republik im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria seien jedoch weiterhin ein großes Risiko für eine funktionierende Budgetkonsolidierung. Diese könnten erwartete höhere Staatseinnahmen teilweise wieder wirkungslos machen, so die Kommission. (jaz/ag.)

AUF EINEN BLICK

Die Wirtschaft der Eurozone wird laut der Herbstprognose der EU-Kommission im Jahr 2014 wieder um 1,1Prozent wachsen. Bis auf Slowenien und Zypern werden alle Länder der Union auf den Wachstumspfad zurückkehren, so die Erwartung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2013)

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