Sparer werden arm, Aktionäre reich

Sparer werden Aktionaere reich
Sparer werden Aktionaere reichAPA-FOTO: BARBARA GINDL
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Von der Geldpolitik der EZB profitieren nur die südeuropäischen Länder, kritisieren Banker in Österreich. Heimische Sparer verlieren dagegen jedes Jahr Milliarden.

Wien. Die Aktionäre werden immer reicher – die kleinen Sparer verlieren dagegen sukzessive Geld. Das sind die Auswirkungen der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank. „Wer im wahrsten Sinne des Wortes draufzahlt, sind die Sparer. Die Sparguthaben werden laufend entwertet. Maßnahmen wie die Pensions- und Altersvorsorge werden ad absurdum geführt“, sagte Michael Ikrath, Generalsekretär des Sparkassenverbands, am Freitag zur „Presse“.
Erstmals in der Geschichte der Eurozone wurde der Leitzins auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Schon seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise vor fünf Jahren ist Sparen ein Verlustgeschäft. In vielen Ländern wie in Österreich gibt es negative Realzinsen. Zwar ist die offizielle Inflationsrate nicht hoch, die Zinsen auf Sparguthaben sind aber noch niedriger. Dann wird von den Einlagen auch noch die Kapitalertragsteuer abgezogen.

Pro Jahr entgehen den österreichischen Sparern dadurch in Summe 3,5 Milliarden Euro. Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer Umverteilung zu größeren Vermögen.
Alle Rankings über Millionäre haben gezeigt, dass Reiche in den vergangenen Jahren trotz der Krise immer reicher wurden. Denn Vermögende haben ihr Geld meist nicht auf Sparbüchern liegen, sondern investieren in Aktien. Und an den Aktienmärkten ist von einer Krise wenig zu spüren. Die Börsen in New York und Frankfurt erreichten neue Höchststände.

Anlageberater empfahlen riskante Wertpapiere

Mehrere Anlageberater empfahlen am Freitag, riskante Wertpapiere zu kaufen, weil diese höhere Renditen abwerfen. „Damit besteht nun die Gefahr, dass Privatpersonen vermehrt zu spekulativen Anlagegeschäften greifen“, warnt Sparkassen-Generalsekretär Ikrath. Auch kleine Sparer überlegen sich, in Aktien zu investieren. „Wir bauen schon wieder neue Blasen auf“, meint Ikrath.

Denn die Aktienmärkte haben sich zuletzt von der Realwirtschaft abgekoppelt. Je mehr die Europäische Zentralbank die Märkte mit billigem Geld flutet, umso größer ist die Gefahr, dass sich an den Aktienmärkten Blasen bilden – die irgendwann platzen.
Doch warum handeln die Direktoren der Europäischen Zentralbank so kurzsichtig? Chef der EZB ist der Italiener Mario Draghi. „Die EZB macht nur noch Geldpolitik für die Krisenländer in Südeuropa“, ärgert sich Ikrath. Die EZB-Banker behaupten, dass sie mit dem billigen Geld die Wirtschaft ankurbeln wollen. Damit sollen Wachstum, ein Konjunkturaufschwung und mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Kreditklemme in Südeuropa

Doch das Problem ist, dass in Südeuropa das Geld gar nicht in der Realwirtschaft ankommt. Dort klagen die Unternehmen über eine Kreditklemme. Denn die Banken in den südeuropäischen Ländern geben das billige EZB-Geld nicht an die Unternehmen weiter, sondern kaufen lieber Staatsanleihen.
„Damit wird die Forderung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, Staatshaushalte und Banken zu entflechten und damit kommenden Dominoeffekten vorzubeugen, nicht erfüllt, sondern genau das Gegenteil bewirkt“, sagt Ikrath. Am Freitag sind die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen von europäischen Krisenländern deutlich gesunken. Die Renditen für spanische Anleihen lagen bei 4,096 Prozent, für italienische Papiere bei 4,142 Prozent.

Die EZB hilft somit den hoch verschuldeten Krisenländern in Südeuropa, damit diese bei der Geldaufnahme nicht so hohe Zinsen zahlen müssen.
Sicher ist, dass in Österreich die Sparzinsen weiter sinken werden. Kredite könnten dagegen teurer werden. Denn die Banken müssen künftig wegen der strengeren Vorschriften (Basel III) für Kredite mehr Kapital vorhalten. Zudem sind in Österreich die Kreditzinsen für Unternehmen deutlich niedriger als beispielsweise in Deutschland. Die Banken prüfen daher eine Verteuerung von Krediten.

("Die Presse" Printausgabe vom 9.11.2013)

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