Saudis und Israelis teilen einen Albtraum

SWITZERLAND UN TALKS IRAN NUCLEAR
SWITZERLAND UN TALKS IRAN NUCLEAREPA
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Saudiarabien und Israel wollen eine iranische Atombombe um jeden Preis verhindern und Teherans Einfluss schwächen. Washingtons neue Iran-Politik sorgt für Ärger.

Die Worte des Monarchen waren deutlich. „Hackt der Schlange den Kopf ab!“, verlangte der saudische König Abdullah im August 2008 von den USA. Das Land, das der König wenig schmeichelhaft mit einem Reptil verglich, war der Iran. Und seine brachiale Forderung, die später auf der Internetplattform WikiLeaks enthüllt wurde, war Teil einer Strategie: Die Saudis drängten die USA zu einem Militärschlag gegen Irans Atomanlagen. Dass nun die Regierung in Washington wieder auf Teheran zugeht, sorgt in Saudiarabien für Entsetzen. Der saudische Geheimdienstchef Prinz Bandar bin Sultan soll bereits vor einem drohenden Riss in den saudisch-amerikanischen Beziehungen gewarnt haben. Der Unmut der Saudis hat mehrere Gründe:

•Wirtschaftliche Konkurrenz. Neben den arabischen Staaten gehört der Iran zu den großen Erdölexporteuren am Golf. Das führte zwischen Teheran und Riad immer wieder zu Streit um die Kontrolle der Straße von Hormuz, die Meerenge, durch die das Öl transportiert wird. Das US-Magazin „The Atlantic“ zitierte nun aus Berichten der Rating Agentur Fitch und von Bank of America Merrill Lynch über Auswirkungen einer Erleichterung der Wirtschaftssanktionengegen Teheran. Demnach könnten 800.000 Barrel iranisches Öl auf den Weltmarkt gespült werden und der Ölpreis um zehn Prozent fallen. Das wäre keinesfalls im Interesse der Saudis.

•Angst vor „Geist der Revolution“. Als im Iran 1979 nach der Revolution gegen den Schah schiitische Geistliche rund um Khomeini die Macht übernahmen, fürchtete das saudische Königshaus eine Übergreifen des Aufruhrs vom persischen Nachbarn auf die arabischen Golfmonarchien. Deshalb unterstützte Saudiarabien zunächst den Krieg des irakischen Diktators Saddam Hussein gegen den Iran (1980–1988). Noch heute sorgt man sich in Riad über revolutionäre Tendenzen unter der schiitischen Minderheit im eigenen Land und den Schiiten in Bahrain.

•Geostrategische Rivalität. Aus Sicht des sunnitischen Saudiarabien zieht sich ein „schiitischer Bogen“ vom Iran über den mehrheitlich schiitischen Irak bis zur Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon. Bindeglied ist Syriens Machthaber Bashar al-Assad, ein Verbündeter der Hisbollah und des Iran. In Syrien tobt nun ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Iran und Saudiarabien: Teheran liefert Waffen an Syriens Regime, Riad an die Rebellen.

Ob die jüngsten BBC-Berichte, wonach Pakistan Atomwaffen für die Saudis mitproduziert, nun stimmen oder nicht: Saudiarabien hat stets klargestellt, ebenfalls nuklear aufzurüsten, falls das iranische Regime Atombomben in die Hände bekommt.

Eine arabische Atombombe und nukleares Wettrüsten in der Region, ausgelöst durch eine iranische Bombe – ein Horrorszenario für die Strategen in Israel. Zudem würde man sich in Israel durch einen nuklear aufgerüsteten Iran direkt bedroht fühlen. Israels Justizministerin Tzipi Livni meinte erst vor Kurzem: Israel und Saudiarabien hätten ähnliche Ansätze, wie gegen Irans Atomprogramm vorzugehen sei. Doch mit ihrem Kurs „Keine Kompromisse gegenüber Teheran“ stehen Israel und Saudiarabien derzeit allein da. So teilen beide Länder nun auch den Ärger über ihren Verbündeten in Washington.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2013)

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